Abstieg: Ende oder Wende?
von knospepeter
In den Top-Ligen des europäischen Fußballs geht meist am Wochenende des 20./21. Mai die Saison zu Ende. Zum Beispiel in Spanien, Deutschland und England wird da der letzte Spieltag absolviert. Umso stärker wird vor allem über Auf- und Abstieg diskutiert und kontroverser könnten die Stimmen nicht sein. Da die Meinung, dass nur ein Abstieg zur Wende in der Misswirtschaft führen kann, dort die düstere Prophezeiung, dass ein Abstieg das Ende bedeuten würde, quasi ein Abschied ohne Wiederkehr ins Oberhaus.
Der Abstieg als Ende oder die Wende? Dies wird von Verein zu Verein, von Fall zu Fall immer unterschiedlich sein. Für den einen Klub der Fall ins Bodenlose, ein Durchmarsch vom Oberhaus bis hinunter in die vierte Liga zum Beispiel. Beim anderen Verein wird Ruhe bewahrt, hat man eine Klasse tiefer Erfolg im Kampf um den Wiederaufstieg und kann den Abstieg quasi als „Betriebsunfall“ abhaken. Da gehören die richtigen Entscheidungen in der Vorstandsetage ebenso dazu wie auch ein bisschen Glück während der Saison. Es gibt aber auch sogenannte „Fahrstuhlmannschaften“, für die Ab- und Aufstieg fast schon zur Gewohnheit wird. Dort wird nach der Lösung gesucht, wie diese „Regel“ durchbrochen werden kann. Abstellen will man den Fahrstuhl nach unten.
Nehmen wir das Beispiel Deutschland, wo sich seit Jahren der „Dino“ der Liga, der Hamburger SV, gegen den drohenden Abstieg wehrt. Bisher mit Erfolg, mit Glückstreffern in der Relegation fast in letzter Minute. So läuft im Stadion noch die Bundesliga-Uhr für das einzige Gründungsmitglied der Bundesliga, das bisher ewig in der ersten Liga dabei war. Die richtige Wende, hin zur Konsolidierung, wurde allerdings nicht geschafft und so meinen viele, der Klub von Uwe Seeler müsste auch mal am Herzen operiert werden, wie das Fußball-Idol selbst. Dem widerspricht allerdings Gönner Klaus-Michael Kühne, der schon viele Millionen Euro zur Rettung des HSV verpulvert hat. So heißt es in der Süddeutschen Zeitung, Zitat Kühne: „Es ist ein Irrglaube zu denken, dass eine Mannschaft sich konsolidieren kann, wenn sie absteigt.“ Und weiter im Text: „Das könne vielleicht in einer Kleinstadt passieren, aber nicht in einer Stadt wie Hamburg. Der HSV habe so viele Schulden, dass er sie in der zweiten Liga niemals abtragen könnte.“ Aber die Relegation droht erneut.
Schulden sind das größte Problem der Vereine. Die Bundesliga gilt als die Liga, in der kassiert werden kann, wo Fernseh- und Werbegelder fließen, die Zuschauer-Einnahmen steigen – fast wie im Schlaraffenland (das aber für die deutschen Klubs bekanntlich in England liegt). Dagegen halbieren sich oft diese Einnahmen eine Klasse tiefer, der Rotstift muss angesetzt werden. So spielen viele Klubs Vabanque, sie riskieren Schulden, um mit einer starken Mannschaft den sofortigen Wiederaufstieg zu schaffen, so wie in diesem Jahr in der zweiten Liga die letztjährigen Absteiger Stuttgart und Hannover. Doch geht dieser Plan schief, wird die Zukunft ungewiss. Im nächsten Jahr vielleicht noch einmal ein großer Kraftakt und bleibt da der Aufstieg aus, könnte die finanzielle Pleite die Folge sein. Das Spielchen halt, Wende oder Ende!
Es geht natürlich auch anders, das Gegenbeispiel ist über viele Jahre hinweg der SC Freiburg, der nicht den jeweiligen Trainer als Hauptverantwortlichen sieht, egal, ob es ein schlechtes Jahr mit einem Abstieg ist oder ein gutes, als es sogar bis auf die Bühne Europas ging. Im Schwarzwald gehen die Uhren anders, ist Ruhe die erste Bürgerpflicht. Der Verein weiß, dass er unter Erfolgen insofern leiden muss, weil die guten Leistungen Begehrlichkeiten wecken und die besten Spieler weggekauft werden. Ein ewiger Kreislauf, der fast zwangsläufig auch mal zum Abstieg führen muss. Da darf man halt nicht in Panik verfallen. Im Schwarzwald wird diesbezüglich nicht schwarz gemalt.
Freiburg sollte Vorbild für alle Absteiger sein. Manche Vereine sollten erkennen, dass die Bundesliga halt nicht um jeden Preis zu halten ist und ein Abstieg zum Sport dazu gehört. Nur wer die Ruhe bewahrt und sich nicht auf ein Vabanquespiel einlässt, wird auch eine Klasse tiefer nicht in Schieflage geraten. Ein Abstieg sollte immer mehr Wende als Ende sein.