Die Trainer in der Rotations-Falle

von knospepeter

Athleten anderer Sportarten schauen manchmal verächtlich auf die Fußball-Profis, wenn die über die sogenannten „englischen Wochen“ stöhnen, wenn sie also auch unter der Woche die Fußballschuhe schnüren und um Punkte kämpfen müssen. „Was sollen wir sagen, wenn wir zwei Tage hintereinander Spiele haben oder sogar vier in einer Woche“, schütteln vor allem Eishockey- und Basketball-Cracks den Kopf. Der einfache Fan wiederum behauptet: „Die Millionäre sollen für ihr Geld auch was tun.“ Zur Ehrenrettung der Fußball-Millionäre muss allerdings gesagt werden, dass halt jede Sportart ihre Eigenarten hat.

Die Fußball-Trainer wiederum nehmen die erhöhte Belastung, die vor allem durch die Spiele auf der internationale Bühne auftreten (da heißt es, dass vor allem die Reisen so anstrengend sind) sehr ernst. War es früher so, dass jeder Trainer seine „Stamm-Mannschaft“ hatte, die er aufs Spielfeld schickte, so ist dies schon lange nicht mehr der Fall. Die Profi-Kader wurden größer und sind im besten Fall so bestückt, dass es für jede Position zwei gleichstarke Bewerber gibt. Dies ist allerdings die Ausnahme, denn zwei Messi oder zwei Cristiano Ronaldo kann sich kein Verein leisten.

Um aber die Belastung zu reduzieren, gingen die Trainer vor einigen Jahren von der eingespielten Stamm-Mannschaft ab und erfanden die Rotation. „Belastung gleichmäßig verteilen“, hieß die Losung, die aber nicht bei allen Gefallen fand. Viele Stars motzen, wenn sie auf der Bank sitzen müssen, statt auf dem Spielfeld zu zaubern und gefeiert zu werden. So sitzen die Trainer heute in der Rotations-Falle: Da die Stars, die spielen wollen, dort die Belastung, die nach einem gleichmäßigen Einsatz der Spieler ruft. Und weil der Glücksfall des absolut ausgeglichenen Kaders eben Glücksfall ist, wartet nämlich noch eine weitere Falle: Verliert die sogenannte B-Mannschaft, dann ist Feuer auf dem Dach, dann wird die Rotation zum Rohrkrepierer oder im schlimmsten Fall zum Schleuderstuhl. Dies musste zuletzt der prominenteste Fall erkennen, als Bayern München Star-Trainer Carlo Ancelotti auf die Straße setzte, als der Italiener im wichtigen Champions-League-Spiel in Paris auf gestandene Spieler verzichtete und Kandidaten aus der zweiten Reihe eine Chance gab. Die Rotations-Falle schnappte zu und Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge nach Luft: „Wie kann man in so einem Spiel auf erfahrene Spieler verzichten.“

Das Für und Wider zur Rotation ist so alt wie die Rotation selbst. Ein Meister seines Rotations-Fachs war einst Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld, der sowohl in Dortmund als auch später in München die Stars bei Laune hielt, rotierte und dennoch oder vor allem deshalb Titel gewann. Dies schaffte auch Jupp Heynckes bei seinem letzten Gastspiel in München, als er 2013 das begehrte Triple gewann. Rotation spielte da eine gewichtige Rolle. So wird es immer an den Trainern selbst liegen, wie sie mit ihren Stars umgehen und sie eben bei guter Laune halten. Es gibt ja auch die kleine Rotation, wo ein Star vom Feld geholt wird, wenn sich die Mannschaft auf der Siegesstraße befindet. Doch halt, eine Ausnahme gibt es: Hole niemals einen Torjäger vom Platz, wenn er um die Torjägerkanone kämpft und sich an diesem Tag weitere Treffer erhofft. Man sieht, die Rotations-Falle hat schon viele Tücken. Nicht alle Trainer können ihr erfolgreich ausweichen.

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