Der Wintersport kämpft an zwei Fronten
von knospepeter
Einige Vorgeplänkel haben schon stattgefunden, aber jetzt geht es im Wintersport der Saison 2020/21 erst richtig los. Eine besondere Saison steht an, wobei dabei jeder wahrscheinlich zuerst an die Corona-Pandemie denkt. Nein, die besonderen Höhepunkte sind die Weltmeisterschaften, die dem Virus trotzen wollen und über die Bühne gehen sollen. Für Deutschland im Mittelpunkt dabei die Nordische Ski-WM vom 22. Februar bis 7. März 2021 in Oberstdorf, im Blickpunkt außerdem die Alpine Ski-WM vom 8. bis 21. Febuar 2021 in Cortina d’Ampezzo und die Biathlon-WM vom 9. bis 21. Februar in Pokljuka/Slowenien. Aber zunächst stand der Sport nicht im Vordergrund, sondern die Organisation, der Kampf um das Fortbestehen des Wintersports, der jetzt an zwei Fronten zu kämpfen hat: Zum Klimawandel mit den Unbillen der Natur (Schnee fehlt, das Wetter wechselhaft, der Wind macht manche Wettbewerbe oft zum Lotteriespiel) kommt eben aktuell Corona dazu. Auch der Skisport lebt mehr oder weniger in einer Blase, die Zuschauer fehlen größtenteils und die ersten Erkrankungen unter den Sportlern gibt es ebenfalls schon.
Corona sorgte im Vorfeld der Wettkämpfe schon für einiges Durcheinander. Teilweise wurden terminierte Veranstaltungen abgesagt, Weltmeisterschaften sogar in andere Orte verlegt. Besondere Maßnahmen auch bei den Reisen, Charterflüge sollen für Sicherheit vor Infektionen sorgen und wo es geht, soll auf Reisen verzichtet werden. Besonders krass im Biathlon, wo es Doppelveranstaltungen gibt, um nicht laufend von Wettkampfort zu Wettkampfort reisen zu müssen. Alle eint ein Wunsch: Der Wintersport will sich präsentieren, alle Wettkämpfe sollen einigermaßen über die Bühne gehen, die Zuschauer wieder an die Bildschirme locken und die Sponsoren zufriedenstellen. Es geht mehr oder weniger ums Überleben. Auch die Wintersportorten brauchen den Wintersport als PR-Lokomotive, doch die bleibt im Bahnhof, wenn keiner Skifahren darf!
Was den Sport angeht, so haben die deutschen Wintersportler in den ersten Wettkämpfen schon für die beste Werbung gesorgt, die Skispringer mit einem Doppelsieg von Markus Eisenbichler und Karl Geiger in Wisla in Polen, die Bobs mit Siegen von Mariama Jamanka und Francesco Friedrich beim Weltcup-Auftakt in Sigulda in Lettland. So kann es weitergehen. Gerade die Bobs sind erfolgsverwöhnt und sie werden deshalb bei der heimischen WM vom 1. bis 14. Februar in Altenberg auf Medaillenjagd gehen. In der Eisrinne beherrschten auch die Rodler in den letzten Jahren die Konkurrenz, doch die letzte Saison brachte den einen oder anderen Einbruch. Jetzt herrscht wieder Optimismus vor, die schnellen Mamas sind zurück, Natalie Geisenberger und Dajana Eitberger haben Nachwuchs zur Welt gebracht und sind wieder rasant unterwegs, ihre Lücke hat Talent Julia Taubitz mit dem Weltcup-Gesamtsieg aber bestes ausgefüllt. Eine gute Nachricht aber auch, dass der einstige Dominator Felix Loch wieder gut in Form sein soll.
Die Skispringer könnten von ihrem frühen Aufwind profitieren, bei den Fliegern ist es so, dass oft ein gutes Fluggefühl am Anfang gleich über die ganze Saison entscheidet. Da kommt Hoffnung auf. Gelegenheiten zu glänzen gibt es genug, zuerst steht die Skiflug-WM in Planica in wenigenTagen vom 11. bis 13. Dezember an, die wegen Corona im Frühjahr verschoben wurde. Dann folgt wie immer die Vierschanzen-Tournee zwischen dem 29. Dezember und 6. Januar und dann schließlich die WM in Oberstdorf. Die deutsche Mannschaft scheint stark und ausgeglichen besetzt zu sein, auch Severin Freund ist nach langer Pause wieder dabei.
Die alpinen Skisportler haben weniger Hoffnung, bei den Damen tut sich nach dem Rücktritt von Viktoria Rebensburg eine große Lücke auf, bei den Herren sieht es besser aus, doch Siege dürften Mangelware sein, zumal sich der beste Abfahrer Thomas Dreßen einer Operation an der Hüfte unterziehen musste. Die Langläufer kämpfen um den Anschluss, Bundestrainer Peter Schlickenrieder hofft auf eine WM-Medaille in der Mannschaft, schränkt aber ein „das wäre ein Jahrhundert-Ereignis“. Besser sieht es in der Nordischen Kombination aus, wo die zuletzt dominierenden Norweger angegriffen werden sollen. Vinzenz Geiger und Eric Frenzel wollen vorne dabei sein, nach dem Abgang von Trainer Ronny Ackermann sollen unter Anleitung des Österreichers Heinz Kuttin vor allem die Sprungleistungen wieder besser werden.
Auffallend, dass zu Saisonbeginn sich die nordischen Skisportler und Biathleten zunächst mal nach Finnland zurückgezogen haben. Bei den Biathleten gibt es in Kontiolahti gleich eine Doppelveranstaltung. Die Damen und Herren mit dem Gewehr sind die Fernsehlieblinge in Deutschland mit den höchsten Einschaltquoten, doch die Fans wollen Erfolge sehen. Die sind vor allem wieder Denise Herrmann zuzutrauen, die Weltcup-Dritte des Vorjahres, die unter dem neuen Schießtrainer Engelbert Sklorz ihre Schießschwäche ausmerzen will und nach dem Gesamtweltcup greift. Sieben Damen gehören zur ersten Leistungsgruppe, dabei stehen auch Franziska Preuß und Vanessa Hinz vorne dran, Maren Hammerschmidt kehrt zurück. Dafür beginnen Franziska Hildebrand und Karolin Horchler die Saison im B-Team. Bei den Herren sind die bekannten Namen dabei. Simon Schempp will nach Krankheit wieder angreifen, Benedikt Doll und Arnd Peiffer vervollständigen das Führungstrio. Erik Lesser hat auf den letzten Drücker die Qualifikation ins A-Team geschafft, das zehn Herren bilden. Eine starke Basis ist also vorhanden, die Konkurrenz aber mit den überragenden Athleten Johannes Tignes Bö und Martin Fourcade riesengroß.
Der Wintersport startet, der Winter darf also kommen, der Schnee darf kommen und die Medaillen sollten kommen. Dann heißt es wirklich „viel Spaß beim Wintersport“. Ob allerdings die Freizeitsportler auch ihren gewohnten Spaß auf Pisten und Loipen haben können, das steht in Corona-Zeiten doch in den Sternen. Wer zu Hause bleiben muss, sorgt dann zumindest für gute Einschaltquoten im Fernsehen.