Die Meiterprüfung für Leipzig und Julian Nagelsmann
von knospepeter
Am kommenden Wochenende, wenn die Fußball-Bundesliga mit Schlagerspielen wieder die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sind die WM-Qualifikationsspiele Vergangenheit, aber die Nachwehen werden einige spüren. Vor allem in punkto Verletzungen oder weil sich einige Spieler noch in Quarantäne befinden. Das könnte auch das Duell an der Spitze beeinflussen, wenn Verfolger RB Leipzig am Samstag (18.30 Uhr) Dauer-Meister Bayern München erwartet. Dieses Match wird aber zur Meisterprüfung für Leipzig und Trainer Julian Nagelsmann.
Die Fußball-Fans lechzen danach, dass die Langeweile an der Bundesliga-Spitze beendet wird. Am Samstag steigt so etwas wie ein Finale. Allerdings fordert nicht der alte Kontrahent Borussia Dortmund die Bayern heraus, sondern der eigentlich ungeliebte Newcomer aus Leipzig. Doch diesmal hat der Brauseverein die Sympathien, wenn er auch bei vier Punkten Rückstand nicht an die Spitze springen kann. Allerdings könnte dann der Titelkampf so spannend werden wie das erste Formel-1-Rennen zwischen Hamilton, ebenfalls Seriensieger, und Verfolger Verstappen.
Was spricht für Leipzig? Der erst 33 Jahre alte Coach Julian Nagelsmann ist ein Trainer, der den Vorwärtsgang einschaltet und keine Zweifel lässt: „Ich will mit Leipzig was Blechernes gewinnen“, sagte er bei seinem Amtsantritt. Er hat ein ausgeglichenes Team zur Verfügung und mehr Wechselmöglichkeiten als die Bayern. Die Leipziger sind heiß, sie wollen den Titel, aber sie haben in der Vergangenheit in wichtigen Spielen nicht immer ihre Nerven im Griff gehabt. Sie sind zwar nach den Bayern das heimstärkste Team, aber ihnen hängt nach, dass sie das Spitzenspiel Anfang Januar gegen Dortmund mit 1:3 verloren haben. Ihr Vorteil könnte aber sein, dass die Münchner meist nach der Länderspielpause schwer in die Gänge kommen. Oft gab es in den Vergleichen keinen Sieger. Ausfälle müssen beide Teams verkraften. Bei Leipzig ist Mittelfeldmotor Kampl gesperrt, bei Bayern fehlen gesperrt Roadrunner Davies und Abwehrrecke Boateng. Fraglich sind bei RB Halstenberg wegen Quarantäne, die Bayern bangen sogar um Torjäger Robert Lewandowski, der sich beim Nationalteam eine Bänderverletzung im Knie zugezogen hat. Da ist also gleich doppelt für Spannung gesorgt. Die bleibt, wenn der Tabellenführer strauchelt, die nimmt massiv ab, wenn er um sieben Punkte davon zieht.
Aber nicht nur der Kampf um die Spitze verspricht Spannung, es gibt einige brisante Duelle. Eigentlich ist dies für den Rest der Saison gegeben. Im April werden bekanntlich die Weichen gestellt, im Mai gibt es dann die Endspiele. Nicht nur echte Finals um DFB-Pokal oder Champions League zum Beispiel, sondern auch Finals um die Plätze in Europa oder im Kampf gegen den Abstieg. Die Weichen werden aber vorher gestellt, am Wochenende im Duell Dortmund gegen Frankfurt im Kampf um Platz vier oder im Berliner Derby um die Vorherrschaft in der Stadt, für Hertha aber auch wichtig im Abstiegskampf, da gibt es zwischen Mainz und Bielefeld zudem ein direktes Duell von zwei Abstiegskandidaten. Die Bundesliga kehrt also mit Paukenschlägen zurück.
Interessant wird es sein, die Entwicklung in Leverkusen zu sehen, wo Hannes Wolf den einst so gelobten Peter Bosz als Trainer abgelöst hat. Wenn das Europa-Geschäft in Gefahr gerät, muss halt gehandelt werden. Bemerkenswert, dass sowohl Wolf als auch der „alte Haudegen“ und „Weltmeister der Co-Trainer“, der Ex-Leverkusener Peter Hermann, vom DFB freigegeben wurden, wo sie bei den Junioren arbeiteten.
Kein Rumpelfußball, keine Gala
Auf dem Prüfstand stand in den letzten Tagen die Nationalmannschaft. Die Fragen: Wie hat sie das 0:6 gegen Spanien verdaut, wie reagieren die Spieler auf den angekündigten Rücktritt von Bundestrainer Joachim Löw? Die Antworten: Von Verunsicherung war nichts zu spüren, eine Besserung wurde deutlich, beim 3:0 gegen Island und 1:0 in Rumänien gab es die erwarteten Siege, keinen Rumpelfußball wie zuletzt oft kritisiert, aber auch keine Gala. Vor allem der Bayern-Block mit Kimmich, Goretzka, Sané und Gnabry sorgte in beiden Spielen für Belebung, ein Hauch der Bayern-Klasse war spürbar, aber noch war nicht alles in Butter. Vor allem in Bukarest hätte es bei der mangelhaften Chancenverwertung noch schief gehen können. Robert Lewandowski ist bekanntlich Pole. Auffallend das starke Pressing der Mannschaft, wo sich Sané, Gnabry und Havertz bereits am gegnerischen Strafraum mit Balleroberungen verdient gemacht haben.
Das 3:0 gegen Island wurde ein bisschen überbewertet, deutlich wurde ja, dass da quasi alte Herren als Gegner auf dem Platz stehen. Die 0:2-Niederlage der Isländer in Armenien relativiert einiges. Rumänien war da schon ein anderes Kaliber, aber keineswegs ein Gegner wie er bei der Europameisterschaft vor allem mit Portugal und Frankreich zu erwarten ist. Es ist also schon noch einiges zu tun. Jogi Löw lobte aber den Spirit und „es war viel Elan zu sehen“. Am Mittwoch folgt noch der Nobody Mazedonien.
Fast mehr Aufmerksamkeit als der Sport erregte eine andere Aktion der DFB-Auswahl. In Duisburg präsentierte sich die Mannschaft mit einer Aussage zur WM 2022 in Katar, stellte sich exakt so auf, dass auf selbst bemalten Trikots die Aussage „Human Rights“ zu sehen war. Wie schon vorher die Auswahl Norwegens wollten die Spieler darauf aufmerksam machen, dass überall in der Welt die Menschenrechte eingehalten werden sollten. Der Beifall war den Spielern gewiss, in Rumänien legten sie nach. Kimmich und Co. machten deutlich, dass sie mit offenen Augen durchs Leben gehen und nicht nur in der „Blase Fußball“ leben. Eine Aktion die Lob verdient.
Zurück zum Sportlichen. Andere Favoriten hatten mehr Probleme als die deutsche Mannschaft. Die Niederlande wurde in der Türkei mit 4:2 abgefertigt, Spanien schaffte in Griechenland ebenso nur ein 1:1 wie Frankreich gegen die Ukraine. Einen besonderen Eklat gab es beim 2:2 von Serbien gegen Portugal, als in der Nachspielzeit ein klares Tor von Cristiano Ronaldo nicht gegeben wurde. Vor Wut warf er seinen Kapitänsbinde auf den Boden. Da waren die deutschen Spiele ruhig dagegen.
Ein weiterer Blog zu den WM-Qualifikationsspielen und dem Abschneiden der deutschen Mannschaft noch in dieser Woche.