In der Bundesliga dreht sich alles um die Trainer

von knospepeter

Eigentlich ist in der Fußball-Bundesliga eine Pause angesagt (unterbrochen von Hertha-Nachholspielen), weil am ersten Mai-Wochenende der DFB-Pokal das Sagen hat. Doch von Ruhe kann keine Rede sein, in den Vereinen herrscht Hochbetrieb, manchmal sogar höchste Alarmstufe. Dabei ist Seltsames zu beobachten: Es geht nicht um Verstärkungen und neue Stars für die Vereine, nein, in der Bundesliga dreht sich fast alles um die Trainer. Neu ist auch, dass nicht Vereine die Trainer entlassen, sondern sich Trainer von sich von den Klubs verabschieden. Motto: „Tschüss, ich habe was Besseres gefunden.“

Marco Rose machte mit seinem Wechsel von Borussia Mönchengladbach zur anderen Borussia in Dortmund den Anfang, der Österreicher Adi Hütter folgte seinen Spuren von Frankfurt nach Gladbach, das Trainer-Domino nahm seinen Anfang. Der nächste Stein fiel mit dem Rücktritt von Bundestrainer Joachim Löw und da fiel gleich Hansi Flick mit. Er verkündete seinen Abschied aus München, obwohl es doch so eine erfolgreiche Ehe war mit sechs Titeln in einer Saison und sicherlich dem siebten in wenigen Wochen. Flick gefiel die Atmosphäre nicht mehr, die Löw-Nachfolge gilt als logischer Schritt. So richtig gekämpft haben die Bayern um ihren Erfolgstrainer nicht, sie jagen dafür lieber in fremden Gefilden. Früher haben sie sich die besten Spieler von den stärksten Konkurrenten geholt, jetzt suchen sie sich den Trainer vom Verfolger aus. Sie folgen eben dem neuen Trend.

Das führt dazu, dass der RB Leipzig vor einem ganz heißen Sommer steht. Eigentlich soll in den nächsten Wochen die beste Saison der Vereinsgeschichte perfekt gemacht werden. Sogar die Meisterschaft ist noch möglich, der Vize-Titel wird es aber wohl sein. Und daneben sollte am Freitag gegen Bremen der Sprung ins Pokalfinale gelingen, der erste Titelgewinn des jungen Vereins und des jungen Trainers ist möglich. Julian Nagelsmann lechzt nach Pokalen und er hat in frühen Zeiten seiner Karriere schon verraten: Er möchte einmal Trainer von Bayern München werden. Das Haus in München steht schon. Die Stunde ist offensichtlich gekommen, die Bayern informierten Leipzig, dass sie mit Nagelsmann verhandeln, der gebürtige Landsberger selbst äußerte laut kicker bei den Sachsen den Wunsch nach der vorzeitigen Ablösung seines bis 2023 laufenden Vertrags. Die Leipziger fielen allerdings nicht in Ohnmacht, der mögliche Wechsel wurde ja bereits diskutiert, sie legten eine Rechnung vor: Ablösesumme angeblich 25 Millionen Euro. So viel kosteten früher die besten Spieler, die Trainer sind die neuen Stars.

Für Leipzig wäre Nagelsmann nicht der einzige Abgang in der sportlichen Führung, Sportdirektor Markus Krösche war noch schneller als der Coach, er erhielt am Montag bereits offiziell die Freigabe aus seinem mit 2022 laufenden Vertrags. Als Ziel munkelt man Eintracht Frankfurt, dort wird ja ein Nachfolger von Sportvorstand Fredi Bobic gesucht. Der soll künftig Hertha BSC Berlin wirklich zu einem Big-City-Club machen, wenn auch erst einmal der Klassenerhalt gelingen muss. Das Domino-Spiel der Sportdirektoren ist also auch eröffnet.

Im Abstiegskampf bediente man sich allerdings noch der alten Regeln. Ist der Verein in Gefahr, wird der Trainer entlassen. Einzige Ausnahme bisher ist Werder Bremen, dort hofft man, dass Florian Kohfeldt wie im Vorjahr noch die Kurve kriegt. Vielleicht wartet Werder noch ab, weil erst das Pokal-Halbfinale gegen Leipzig ansteht (zudem Dortmund – Kiel).

Anders beim FC Augsburg, der zwar sogar drei Punkte mehr auf seinem Konto hat, aber die Leistungen in den letzten Spielen und vor allem in der ersten Halbzeit beim 2:3 gegen Köln waren so schlecht, dass am Montag die Entlassung von Heiko Herrlich folgte. Der blasse Coach konnte für keine Entwicklung sorgen. Vor einem Jahr übernahm er den FCA in Abstiegsgefahr, jetzt übergibt er ihn wieder in ähnlicher Situation. Die Augsburger frönen aber nicht dem neuen Trend, sie machen in Nostalgie. Nachfolger wird Markus Weinzierl, der hier schon von 2012 bis 2016 erfolgreich war und den FCA sogar nach Europa führte. Zwar sorgten Unstimmigkeiten für ein vorzeitiges Ende, aber die Zeit heilt bekanntlich Wunden. Eine Ablöse kostet Weinzierl nicht, der Straubinger wartet seit 2019 auf eine neue Chance. Jetzt hat er sie.

Die Augsburger hoffen auf die Gesundung durch Trainerwechsel. Mainz, Köln und Bielefeld machen schon einen besseren Eindruck. Vor allem die Wende in Mainz ist beeindruckend, am Ende der Vorrunde hatten die Rheinhessen wie Schalke gerade mal sieben Pünktchen und waren 17.! Hertha ist immer noch kränklich und konnte sich vielleicht in der Quarantäne erholen, Schalke 04 übertrieb mit dem Wechselspiel und steigt voller Ratlosigkeit ab, weil es an allen Ecken und Ende fehlte. Aber der Abstiegskampf wird zum Thriller, die Konkurrenten beharken sich zum Teil noch direkt. Eins steht fest: Für alle können die Wechselspielchen nicht aufgehen, bei jedem Spiel gibt es auch Verlierer. Damit sich die Vereine alle auf den Sport besinnen können und nicht von Covid-19 bedroht werden, schickt die DFL zum Saisonschluss alle Klubs in Quarantäne, auch die der 2. Bundesliga.

Nach dem Theater um die Super League geht es in dieser Woche ganz normal sportlich in der Champions League weiter, allerdings ohne Bundesliga. Da sind die Großen unter sich, Paris hätte allerdings nicht mitgemacht. Die deutschen Farben vertreten Spieler wie Toni Kroos bei Real Madrid und Ilkay Gündogan bei Manchester City. Mit Thomas Tuchel bei Chelsea London ist auch ein deutscher Trainer vertreten, der beim Trainer-Wechsel-Spiel in der Bundesliga nicht genannt wird. Er will über Real ins Finale, sein alter Verein Paris trifft auf Manchester City und Pep Guardiola, der mit seinem Team am Wochenende den ersten Titel holte, den Liga-Pokal. Er würde ihn wohl gern gegen die CL-Pott eintauschen.

Wenn es Champions League heißt, dann wird vor allem über die Zukunft diskutiert, der schon beschlossene Modus soll nach dem Willen von Spielern, Trainern und Fans wieder geändert werden. 100 Spiele mehr sind einfach nicht zu verkraften, wobei Pep Guardiola wohl den innovativsten Vorschlag hat: „Verlängern wir doch das Jahr auf 400 Tage“. Wohl eine Leichtigkeit für Real-Präsident Perez.

Dagegen läuft die Champions League der Frauen unter dem Radar der großen Aufmerksamkeit. Aber hier ist Deutschland im Halbfinale noch vertreten und die Bayern-Frauen träumen nach einem 2:1-Sieg im Hinspiel über Chelsea London vom erstmaligen Einzug ins Finale. Ausgerechnet im Duell der beiden Tabellenführer von Deutschland und England fanden die Münchnerinnen zu ihrer alten Form zurück und beeindruckten mit tollem Kampfgeist. Das gilt es am Sonntag im Rückspiel zu wiederholen. Vollkommen offen ist das zweite Duell, da trennten sich Paris und Barcelona 1:1.

Werbung