Der Trainer ist der wichtigste Mann

von knospepeter

Wieder sind im Fußball einige Entscheidungen gefallen, doch das war am vorletzten Spieltag der Saison zu erwarten. „Mannschaft der Woche“ war zweifellos Borussia Dortmund, denn das Team holte nicht nur in überzeugender Art und Weise beim 4:1 gegen Leipzig den DFB-Pokal, sondern sicherte mit dem 3:1 in Mainz zudem die Teilnahme an der Champions League zusammen mit dem VfL Wolfsburg. Leidtragende war die schwächelnde Frankfurter Eintracht. In Sachen Abstieg wird ebenso noch gezittert wie in Sachen Aufstieg in der 2. Bundesliga, wo nur eins feststeht: Der Hamburger SV hat es wieder nicht geschafft. Aber insgesamt wurde eins deutlich: Der Trainer ist der wichtigste Mann!

Diese Erkenntnis ist sicherlich nicht neu, aber selten waren die Auswirkungen so drastisch wie in diesen Wochen in der Bundesliga. Im Gespräch sind meist die teuren Stars, die Millionen Euro kosten, aber nur selten beweisen, dass sie ihr Geld auch wert sind. Im Mittelpunkt stehen die Trainer nur dann, wenn es nicht klappt (bei Abstiegsgefahr werden sie entlassen) oder wenn sie extrem erfolgreich sind, wie Hansi Flick bei Bayern München. Aber diese Saison offenbarte, dass Wohl und Wehe, Erfolg oder Nichterfolg weniger von den Spielern oder Managern, sondern in erster Linie vom Mann am Spielfeldrand abhängen.

Nehmen wir Borussia Dortmund, dort wurde gerade noch rechtzeitig erkannt, dass mit dem spröden Schweizer Lucien Favre die Ziele nicht erreicht werden können. Assistent Edin Terzic das Kommando zu übertragen war ein Wagnis, vielleicht diente dabei Meister München mit Hansi Flick als Vorbild. Nach holprigem Start hauchte Terzic den Borussen neues Leben ein und vollendete die Aufholjagd mit Pokalsieg und CL-Teilnahme. Saison gerettet!

Ganz anders sieht es aus, wenn der Trainer vorzeitig seinen Abschied verkündet. Plötzlich gerät der ganze Verein durcheinander, die Erfolgswelle verebbt. Diese leidvolle Erfahrung mussten sie in Frankfurt machen, wo die Mannschaft jetzt sogar die ersehnte Teilnahme an der Champions League verspielt hat. Es ging abwärts nachdem Trainer Adi Hütter seinen Wechsel nach Mönchengladbach verkündet hatte. Dort wird er Nachfolger von Marco Rose, der Cheftrainer in Dortmund wird, nach dieser Nachricht war es mit dem Aufwind in Gladbach vorbei. Selbst die Europa League wurde verspielt. Ein Rätsel, dass solche Wechsel die Beine der Stars schwer werden lassen. Ein Phänomen, welches die Manager dringend untersuchen müssen. Wobei Dortmund jetzt ein besonderes Problem hat, denn Erfolgscoach Terzic soll ja ins zweite Glied rücken – oder bricht er doch zu neuen Ufern auf? Für den RB Leipzig und Julian Nagelsmann ging es gerade noch einmal gut. Im DFB-Pokalfinale hat er sich zwar nicht mit Ruhm bekleckert (da werden sie in München schon geschluckt haben), aber immerhin hat Nagelsmann Leipzig noch zur Vizemeisterschaft geführt. Er hinterlässt also wenigstens kleine Spuren.

Eintracht Frankfurt hat noch keinen Nachfolger für Adi Hütter gefunden. Im Gespräch bleibt Oliver Glasner vom VfL Wolfsburg und der hat es cleverer und geheimnisvoller als seine Kollegen angestellt. Der Österreicher kommentierte Wechselgerüchte nicht, vermied aber auch ein Bekenntnis zum VfL und hielt die Mannschaft auf Erfolgskurs. Anders als in Frankfurt ist die Teilnahme an der Champions League der Lohn. Dennoch dürfte sich Glasner wohl ein neues Ziel suchen, weil ihm (ähnlich wie Flick in München) die Wohlfühlatmosphäre mit Manager Jörg Schmadtke fehlt. Ein besonderes Problem hat Bayer Leverkusen. Hannes Wolf löste Peter Bosz ab und erfüllte die gestellte Aufgabe: Qualifikation für die Europa League. Doch beeindruckend waren die Leistungen nicht, ist er also ein Mann für die Zukunft? Wolf selbst hat Sicherheit, er wurde als Junioren-Trainer des DFB nur auf Dauer freigestellt.

Im Abstiegskampf können Trainer zu Helden werden, so Bo Svensson in Mainz. Der Däne sorgte als Nachfolger von Achim Beierlorzer für neuen Teamgeist und aktivierte das Leistungsvermögen der Mannschaft, die bei Halbzeit abgeschlagen schien. Jetzt spielte sogar die Konkurrenz mit und auf dem Sofa wurde der Klassenerhalt gefeiert. Liebling der Fans ist auch Pal Dardai bei Hertha BSC, er brachte gute Laune und befreite die Berliner von den Abstiegssorgen, nennt sich selbst ein Kind des Vereins und wird immer für Hertha da sein. Und doch gibt es Zweifel, ob er auch auf Dauer der „Gute-Laune-Onkel“ sein kann und darf. Gerettet hat sich auch Augsburg und auch da hatte der Trainer den entscheidenden Anteil: Gerade mal drei Spieltage vor Schluss löste Markus Weinzierl den farblosen Heiko Herrlich ab, brachte den Schwung zurück und sicherte dem FCA ein elftes Jahr in der Bundesliga. Da wurde in Berlin und Augsburg groß gefeiert. Bei Weinzierl gilt der Vertrag schon für die nächste Saison. Da muss Manager Stefan Reuter keinen neuen Coach suchen, sondern neue (bessere) Spieler.

„Die drei von der Tankstelle“ hieß ein bekannter Film, in Sachen Abstieg und Aufstieg heißt es jetzt „Die drei von der Zitterstelle“. Im Abstiegskampf der Bundesliga traten Köln (30 Punkte), Bremen (31) und Bielefeld (32) auf der Stelle. Trotz neuer Trainer darf weiter gezittert werden, wobei Bielefeld den Vorteil hat, es aus eigener Kraft schaffen zu können, mit einem Sieg in Stuttgart. Bremen muss gegen Gladbach gewinnen und Köln gegen Schalke und beide werden nach Stuttgart blicken. Bei Werder haben sie doch noch die Notbremse gezogen, der altgediente Thomas Schaaf soll der Retter sein, Florian Kohfeldt musste gehen. Das lange Zögern von Manager Frank Baumann kann sich nun rächen.

In der 2. Bundesliga wird auch gezittert, doch beim Aufstieg geht es um die Erfüllung eines großen Wunsches. Der VfL Bochum (64 Punkte) benötigt nur noch einen Zähler zum Ziel, Gegner ist Sandhausen, das bei einer Niederlage noch absteigen kann. Holstein Kiel (62) hat dagegen in Karlsruhe mit einer 2:3-Niederlage die gute Ausgangsposition verspielt, ein Sieg gegen Darmstadt lässt alles wieder gut werden. Fürth (61) hat die Relegation sicher, ob der Wunsch direkter Aufstieg in Erfüllung geht, liegt eben auch an der Konkurrenz. Im Abstiegskampf sind übrigens neben Absteiger Würzburg noch Braunschweig (31), Osnabrück (33), Sandhausen (34) und Regensburg (35) involviert. Ein großes Finale also. Als erster Aufsteiger in der 3. Liga steht Dynamo Dresden fest, wo die Fans leider so ausgiebig gefeiert haben, dass es sogar zu Krawallen gab. Mit Aufstiegsfreude hat das nichts zu tun.

Ob Robert Lewandowski in den letzten Wochen gezittert hat, ist nicht bekannt. Aber das Ergebnis kann jetzt gefeiert werden: Der Pole hat tatsächlich den Torrekord von Bayern-Legende Gerd Müller eingestellt. Als er den 40. Saisontreffer in Freiburg per Elfmeter erzielt hatte, standen alle im Bayern-Tross Spalier und Lewandowski selbst erinnerte an seinen großen Vorgänger mit einem T-Shirt „4ever Gerd“. Eine nette Geste, der Torjäger wurde selbst zur Legende und hat ein Denkmal verdient. Erinnert sei an die Zeiten, als Lewandowski als egoistisch galt und auch offen mit einem Wechsel zu einem noch größeren Verein (dachte er) wie Real Madrid kokettierte. Er hat dann erkannt, dass er auch bei Bayern und mit seinem Mitspielern seine großen Ziele schaffen kann. Er stellte nicht nur Müllers Rekord ein, wurde bekanntlich „Weltfußballer“ und hat sich auch den „Goldenen Schuh“ als bester Torjäger Europas gesichert. Im letzten Spiel gegen Augsburg kann er noch die Marke 40 überbieten. Der Pole profitierte in großem Maße vor allem von Thomas Müller, der mit 21 Assists mit Abstand bester Vorlagengeber der Bundesliga ist. Es gab für die Bayern noch einen anderen Rekord in Freiburg, sie erzielten im 34 Auswärtsspiel in Folge ein Tor und sind damit die erste Mannschaft die in zwei Saisons hintereinander in der Fremde immer getroffen hat.

Ein bisschen Wehmut gibt es in München auch, wie bekannt wurde, werden Miroslav Klose und Hermann Gerland, beide derzeit Assistenztrainer, den Verein nach der Saison verlassen. Klose, ebenso eine Stürmer-Ikone, der erfolgreich seinen Trainerschein gemacht hat, sucht neue Ziele, Urgestein Gerland soll nicht zum Team vom neuen Trainer Julian Nagelsmann gehören. Schade, der gebürtige Bochumer war insgesamt 25 Jahre bei Bayern München, er hätte einen anderen Abgang verdient gehabt.

Einen besseren Abgang für die Saison hatten sich auch die Bayern-Amateure erhofft, die in der 3. Liga gegen den Abstieg spielen, das 2:2 gegen den Lokalrivalen 1860 München wurde als Erfolg gewertet, aber vorangebracht hat sie der Punktgewinn nicht. Immerhin haben sie die „Löwen“ geärgert, was in gehässigen Kommentaren seitens des Gegners sichtbar wurde.

Ein Rücktritt sorgte nicht mehr für Aufregung, DFB-Präsident Fritz Keller bestätigte am Montag seine Ankündigung, dass er sein Amt niederlegen werden. Er übernahm die Verantwortung für eine verbale Entgleisung betonte aber noch einmal, dass ihm beim DFB von Seiten der Verwaltung Knüppel zwischen die Beine geworfen wurden (interne Machtkämpfe) und er an seiner vordringlichsten Aufgabe, eine Erneuerung des Verbandes gehindert wurde. „So kann man nicht vernünftig arbeiten“, war sein bitteres Fazit. Er bestätigte einmal mehr, dass der DFB eine Runderneuerung benötigt. Welche Neuerungen es sportlich gibt, wird Bundestrainer Joachim Löw am Mittwoch bei der Bekanntgabe seines EM-Kaders mitteilen, wobei mit Spannung vor allem darauf gewartet werden darf, ob die Youngster Florian Wirtz (Leverkusen) und Jamal Musiala (Bayern) einen Platz im Aufgebot erhalten.

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