Was will die Fußball-Bundesliga: Spannung oder Gerechtigkeit?
von knospepeter
Was haben die Fußball-Bundesliga und der Eiskanal in Yanqing gemeinsam? Es fehlt bei beiden die Spannung, wenn es um den Sieg geht. In der Bundesliga dominierte zuletzt der FC Bayern München, bei den Olympischen Spielen in Peking holten in der ersten Woche nur die Deutschen Frauen und Männer Gold. Im Fußball überlegen sich alle, mit welcher Regeländerung denn die Bayern zu stoppen sind, im Eiskanal hofft die Konkurrenz einfach auf bessere Zeiten und auf die nächsten Rennen. Im Monobob der Frauen wurde der deutsche Siegeszug schon gestoppt.
Wie aber die Bayern stoppen? Der VfL Bochum machte es am Samstag vor, das 4:2 schlug ein wie eine Bombe. Bochum spielte auf wie ein Meister, die Bayern rätselten am Sonntag beim Training noch, „was war das denn?“. Hat der Neuling jetzt die ewige Diskussion um die Einführung von Play-Offs, der jetzt aktuell wieder Fahrt aufnahm, schnell wieder gestoppt? Wie im Eiskanal gibt es die Lösung, man muss halt besser sein. Bochum war es, hatte Mut und Leidenschaft, spielte frisch von der Leber weg und überraschte die Bayern, denen die Leidenschaft fehlte, mit Tempo. Die Stürmer sahen ihre Chance wohl durch die Abwesenheit von Nationaltorhüter Manuel Neuer, der sich unter das Messer legen musste. Gamboa und Holtmann zogen mutig ab und trafen, wie sie es in dieser Saison wohl nicht mehr erleben werden. Motto: „Der Neuer ist ja nicht drin.“ Sven Ulreich war der Leidtragende, die Schüsse unhaltbar.
Bei den Bayern begann aber die Ursachenforschung, weil sich die Schwächephasen häufen. Wo der Hebel anzusetzen ist? In der Abwehr, wo Alaba vermisst wird (bald auch Süle), ein Chef fehlt, insgesamt 157,5 Millionen Euro für Hernandez, Pavard und Upamecano vergeblich investiert wurden. Die Sicherheit fehlt. Da muss wohl auch Trainer Julian Nagelsmann umdenken, der zuletzt voll auf Offensive setzte, weil er den Flitzern Coman, Gnabry und Sané nicht die Ersatzbank zumuten wollte. Da muss künftig wohl einer in den sauren Apfel beißen, da braucht Nagelsmann den Mut zum Nein. Was das 1:4 zur Halbzeit für die Münchner bedeutete, sagt eine Zahl aus: Vier Gegentore in der ersten Halbzeit gab es seit 46 Jahren nicht mehr!
Gibt es mehrere Bochums, hat sich die Diskussion um Play-Offs wieder erledigt, gibt es Spannung, braucht es keine zusätzliche Runde. Die Punktrunde gilt als die gerechteste Lösung, es heißt, die Meisterschaft sei der ehrlichste Titel. Play-Offs versprechen Spannung, wer monatelang die Nummer 1 war, kann trotzdem leer ausgehen. Freilich, eine „Woche des Fußballs“ im Anschluss an die Punktrunde mit den entscheidenden Spielen der ersten Vier um den Titel und der letzten Vier im Kampf gegen den Abstieg hat was für sich und bedient das aktuelle Bedürfnis: Spektakel muss sein. Allerdings sollten die Fußball-Bosse die Fans nicht vergessen, die mit Mehrheit gegen solche Play-Offs sind, sie widersprechen der deutschen Sportkultur. Also: Mehr Mut der Konkurrenz würde auch mehr Spannung bringen.
Es scheint sich ja bei den Vereinen an der Spitze das Denken eingenistet zu haben, dass nicht die Meisterschaft als Ziel gilt, sondern in erster Linie ein Platz in der Champions League, der einige Millionen Euro garantiert. Dort herrscht auch die Spannung, im Kampf um Platz vier nach Bayern, Dortmund und Leverkusen liegen Leipzig, Hoffenheim, Freiburg und Union Berlin gleichauf mit 34 Punkten. Mehr Spannung geht nicht. Im Abstiegskampf geht die Spannung auch nicht verloren, nachdem sich Hertha BSC und Bielefeld nicht befreien konnten. Sie sind für Augsburg und Stuttgart erreichbar. Anders neben Bochum auch Wolfsburg und Mönchengladbach, dort gab es eine Wende und Punkte, der Blick geht wieder nach oben. Vorerst oder auf Dauer?
Europa und die Geldtöpfe rufen
Aber jetzt ruft wieder die europäische Bühne, der Frühling liefert den Fans das Spektakel der Champions League und füllt den Klubs, die hier überwintern konnten, die Kassen. Spannung ist garantiert, denn die K.o.-Runden beginnen. Bayern München hat auch hier ein Alleinstellungsmerkmal, ist als einziger deutscher Klub im Achtelfinale dabei. Der RB Salzburg galt als eher leichte Aufgabe, doch nach Bochum gilt das nicht mehr. Kommt die Leidenschaft zurück oder hallt die Verunsicherung nach? Es darf doch keine zwei schlechten Spiele hintereinander geben! In der Champions League ließen die Münchner bisher nichts anbrennen, waren mit sechs Siegen und 22:3 Toren die beste Mannschaft und noch etwas macht Mut: Sie sind seit 21 Spielen auswärts ungeschlagen. Salzburg feiert dagegen eine Premiere, zum ersten Mal ist eine österreichische Mannschaft im Achtelfinale dabei. Es ist auch das Duell der jüngsten Trainer in der CL, der Deutsche Martin Jaissle ist mit 33 Jahren fast ein Neuling, arbeitet aber erfolgreich. Julian Nagelsmann ist gerade mal ein Jahr älter, aber um vieles routinierter. Jetzt muss er die Lösung finden und vor allem die schnellen RB-Stürmer Adeyemi und Okafor stoppen. Das heißeste Duell ist aber die Partie Paris St. Germain gegen Real Madrid. Das Achtelfinale zieht sich wieder wie Kaugummi mit insgesamt acht Spieltagen bis zum 16. März (Rückspiel Bayern – Salzburg am 8. März). Aufgepasst: Die Auswärtstorregel gilt nicht mehr. Gibt es nach zwei Spielen Gleichstand, gibt es Verlängerung und notfalls Elfmeterschießen. Die Gruppensieger dürfen zuerst auswärts antreten.
In der Europa League stehen vor dem Achtelfinale erst die Play-Offs an. Borussia Dortmund gegen die Glasgow Rangers und RB Leipzig gegen San Sebastian müssen nach ihrem Ausscheiden in der CL am Donnerstag diesen Umweg gehen. Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt sind schon eine Runde weiter. Es wäre für die Bundesliga gut, wenn beide Klubs weiterkommen würden (Rückspiele in einer Woche).
Die Woche der Medaillensammler
Die Bundesliga erfreute mit Zuschauern in den Stadien wieder mit mehr Stimmung, bei den Olympischen Spielen bleibt die Stimmung mau, die Zuschauer müssen mit Ausnahme einiger weniger Auserwählten draußen bleiben. Corona sorgte für eine Olympia-Blase, in dieser geht es aber vor allem in der deutschen Mannschaft recht heiter zu. Die erste Olympia-Woche war die Woche der Medaillensammler, Deutschland holte bereits acht Goldmedaillen, dazu fünf Silber und eine Bronze, bedeutet Platz zwei in der Nationenwertung hinter Norwegen. Die erste Woche ist traditionell die stärkere, so zahlreich werden die Medaillen nicht mehr sprudeln. Der Eiskanal könnte allerdings ein Goldkanal, aber zumindest ein Medaillenkanal durch die Bobfahrer bleiben. Ansonsten heißt es überraschen lassen. Die Biathleten hoffen darauf, dass die Ski-Experten ihre Wachskünste wiederfinden und für schnelle Ski sorgen. Vor allem in den Staffeln träumen sie von einer Medaille. Die Skispringer machten es am Montag vor, nach dem Motto „gemeinsam sind wir stark“ gab es Bronze im Teamspringen hinter Österreich und Slowenien. Ein versöhnlicher Abschluss.
Nicht überraschend ist, dass Skandale durch Doping oder seltsame Juryentscheidungen nicht ausblieben, so ist das bei sportlichen Großereignissen. Was aber bei Winterspielen Seltenheitswert hat, ist die Tatsache, dass die Organisatoren durch den Winter überrascht werden. Da gab es zehn Zentimeter Neuschnee in einer Gegend, in der es selten schneit und schon gerieten die Organisatoren durcheinander. Angeblich fordern die Chinesen jetzt eine Schnee-Blase, zu der der natürliche Schnee keinen Zutritt hat.