Die Bundesliga spielt gegen den Trend

von knospepeter

Der Sport hatte in den letzten Tagen fast weltweit eine Gemeinsamkeit: Überall sendete er ein Signal gegen Russlands Überfall auf die Ukraine. Blau und Gelb waren die angesagten Farben, die Farben der Ukraine, die Botschaften waren eindeutig: Putin stopp den Krieg, wir wollen Frieden! Es gab vor allem im Internet über die verschiedenen Kanäle das Bemühen, die Botschaft über die Verbote Russlands hinweg zum russischen Volk zu bringen, das überwiegend im Unklaren gelassen wird. Diesbezüglich hat der Sport seine Aufgabe erfüllt.

Trotz dieser unsäglichen Auseinandersetzung muss der „normale“ Sport natürlich weitergehen. Dabei bietet die Bundesliga weiterhin gute Unterhaltung, zum Teil auch, weil es drunter und drüber geht. Die Vereine spielen praktisch gegen den Trend. Ist einer sichtbar, folgt sofort das sportliche Dementi. Nicht einmal Serien-Meister Bayern spielt souverän auf, sondern zeigt sich vor allem in der Abwehr erschreckend anfällig. Gegen den Trend spielt in erster Linie Hertha BSC Berlin, das beweist, Geld schießt doch keine Tore. Mit den Investor-Millionen sollte eine glorreiche Zukunft eingeleitet werden, jetzt läuten die Alarmglocken, das Abstiegsgespenst wird immer größer. Die Vorrunde endete mit einem Hoffnungserfolg – 3:2 gegen Borussia Dortmund. Seitdem gab es mickrige zwei Punkte in der Rückrunde, acht Spiele ohne Sieg, selbst Schlusslicht Fürth hat neun Zähler gesammelt. Gegen Frankfurt (bis dahin ebenfalls nur vier Pünktchen in der Rückrunde) war das 1:4 eine Bankrott-Erklärung, vor allem für Trainer Tayfun Korkut. Er führt die Berliner nicht zur Rettung, sondern in den Abgrund. Wann handelt Sportdirektor Fredi Bobic?

Noch steht die Hertha nicht auf einem Abstiegsplatz, den hält noch der VfB Stuttgart, der in der Rückrunde auch nur fünf Punkte sammelte, aber jetzt dem Trend trotzte: Nach neun erfolglosen Spielen läutete das 3:2 (nach 0:2-Rückstand!) gegen Mönchengladbach die Wende ein. Trainer Matarazzo hofft jetzt darauf, dass sich seine Prognose bewahrheitet: „Wir müssen einmal gewinnen, dann ist der Knoten geplatzt“. Die Hoffnungsträger heißen Sosa und Kalajdzic. Das Duo sorgte im Vorjahr für Tore, jetzt ist es wieder zusammen (und erfolgreich). Gegen den Trend möchte auch Gladbach spielen, jeder sagt, für den Abstieg zu gut, doch die bittere Wahrheit nach der Niederlage in Stuttgart: Der Abstieg ist möglich. Acht Punkte in der Rückrunde sind die Bilanz eines Abstiegskandidaten, jetzt steht das Duell der Sorgenkinder an: Gladbach erwartet am Samstag (18.30 Uhr) die Hertha. Immerhin: Die Borussia hat vier Zähler mehr auf dem Konto (27:23) und könnte mit einem Heimsieg ein Hoffnungslicht anzünden. Der VfB muss zu Union Berlin, wo die Punkte hoch hängen, dann kommt der FCA zum nächsten Spiel der Wahrheit im Abstiegskampf. Der Trend? Offen.

Die Augsburger spielten auch gegen den eigenen Trend, das glückliche 1:0 in Bielefeld war nämlich das zweite gute Spiel in Folge (nach dem 1:1 gegen Dortmund), was die Schwaben bis dato nie schafften. Der Erfolg war fast überlebenswichtig, nachdem Stuttgart aufbegehrt. Gleichzeitig bringt er die Arminia in Not, die Kramer-Schützlinge sind wieder mittendrin im Abstiegskampf. Dagegen gelang Wolfsburg (1:0 gegen Union), Bochum (2:1 gegen Fürth) und Frankfurt der Befreiungsschlag. 31, 32 bzw. 34 Punkte stehen auf dem Konto, die Rettung ist nahe.

Bestes Team der Rückrunde ist RB Leipzig, unter Trainer Tedesco ging es aufwärts, der Trend geht Richtung Champions League – wenn da nicht die TSG Hoffenheim wäre. Sebastian Hoeneß und seine Mannen lassen nicht locker, sackten ein glückliches 1:0 in Köln ein und sprangen auf Platz vier. Am Samstag kommen die Bayern, die ihre übliche Sicherheit vermissen lassen, zu Hause allerdings 4:0 auftrumpften. Ob sie den Hoffenheimer Trend – vier Siege in Folge – jetzt stoppen können? Gegen Leverkusen ging es gerade noch einmal gut aus, das 1:1 war eher glücklich, Leverkusen (mit 17 Zählern zweitbestes Rückrundenteam) profitierte aber auch von einer Premiere: Dem ersten Eigentor von Thomas Müller, der völlig unnötig vor Torhüter Ulreich in eine Freistoßflanke rutschte. Sein erstes Eigentor im 725. Pflichtspiel als Profi (615 für Bayern, 110 für Deutschland)! Künftig will er wieder das gegnerische Tor anvisieren. Schon am Dienstag gegen Salzburg?

Verfolger Borussia Dortmund musste tatenlos zusehen, was die Bundesliga bot. Gegner Mainz 05 musste wegen gleich 20 Corona-Fällen im Team und Verein passen. Ein Ausfall gegen den Trend, bisher kam die Fußball-Bundesliga im Gegensatz zu anderen Sportarten (Chaos vor allem im Eishockey) noch gut davon. Am Wochenende könnte aber der nächste Mainzer Ausfall drohen, es steht am Samstag das Spiel in Augsburg an.

Die 2. Bundesliga spielt auch gegen den Trend. Sah es zwischendrin so aus, als ob Darmstadt und St. Pauli schwächeln würden und den Weg frei machen zum Aufstieg der Traditionsklubs Bremen, Hamburg und Schalke, so drehte sich der Trend wieder. Werder holte sich zwar die Tabellenspitze, dahinter aber verteidigen Darmstadt und St. Pauli die Aufstiegsplätze, während der HSV und vor allem Schalke an Boden verloren. Mit dem Club schob sich sogar noch ein anderer Altmeister ins Rampenlicht. Niederlagen in so einer Phase sind schlecht für den Arbeitsplatz, das musste Trainer Dimitrios Grammozis erkennen, der von Schalke entlassen wurde. Richtig unumstritten war er ja nie, aber er war immerhin einigermaßen erfolgreich. Bis jetzt die Delle kam und dann eben die Entlassung.

Reizvoller Pokal

Ein glückliches Händchen hatte Bob-Olympiasiegerin Laura Nolte bei der Auslosung des Halbfinales des DFB-Pokals. Auch ohne große Namen gibt es reizvolle Partien. Mit RB Leipzig gegen Union Berlin zog sie ein brisantes Ost-Duell, der reiche Newcomer gegen den Kultclub. Zweitligist HSV bekam ein Heimspiel gegen den SC Freiburg, hier heißt es Altmeister gegen die Sympathiebolzen aus Baden. Gespielt wird am 19./20. April. Bei den Frauen gibt es das Duell der Favoritenteams bereits im Halbfinale, die Bayern erwarten Titelverteidiger VfL Wolfsburg, die Partie Leverkusen – Potsdam ist dagegen das Duell der Außenseiter. Wer bekommt das richtige Ostergeschenk? Gespielt wird am 17./18. April an den Osterfeiertagen. Bereits am Sonntag, 3. April, stehen sich Wolfsburg und München in der Bundesliga gegenüber, voraussichtlich das entscheidende Spiel um die Meisterschaft. Die Bayern-Mädchen möchten gern das erneute Wolfsburger Double verhindern.

Für Bayern geht es um alles

Die Bayern-Profis sind nicht gerade in Bestform, dennoch geht es für sie in dieser Woche eigentlich um alles. In der Champions League soll der große Coup gelingen, vor allem könnten die Münchner groß kassieren. Rund 100 Millionen Euro Einnahmen winken bei einem Halbfinaleinzug, Geld, um die Stars im Verein zu halten. Davor steht zunächst aber einmal die Hürde RB Salzburg am Dienstag. Beim Hinspiel (1:1) taten sich die Bayern schwer, ein Heimsieg ist kein Selbstläufer. Aber der Trend spricht dafür: Die Bayern haben daheim noch gegen keine Mannschaft aus Österreich verloren, Salzburg in dieser Saison auswärts noch nicht gewonnen. Im letzten Duell in München gab es 2020 in der Gruppenphase ein 3:1 der Bayern. Schiedsrichter ist der Franzose Turpin, unter dessen Leitung die Bayern noch nie verloren haben! Am Mittwoch steigt aber das interessanteste Duell: Real Madrid will die 0:1-Niederlage bei Paris St. Germain wettmachen.

Auch das Achtelfinale der Europa League steht an, Eintracht Frankfurt ist am Mittwoch bei Betis Sevilla gefordert, Bayer Leverkusen tritt am Donnerstag bei Atalanta Bergamo an. Starke, aber machbare Gegner. RB Leipzig kam ohne Spiel ins Viertelfinale, da Gegner Spartak Moskau dem Bann der UEFA unterlag. Russland wurde aus dem Wettbewerb ausgeschlossen.

Ein weiterer wichtiger Termin steht in dieser Woche noch für den deutschen Fußball an: Der 44. Bundestag des DFB. Da soll der neue Präsident gewählt werden, erstmals stellen sich zwei Kandidaten zur Wahl. Als Favorit gilt Bernd Neuendorf, der Vertreter der Amateure, Peter Peters ist der Mann der Profis, aber eigentlich auch der Kandidat, der nicht zum Kreis der Ränkespieler um Dauer-Vizepräsident Rainer Koch gehört. Mehr zu dieser Wahl in einem weiteren Blog im Laufe der Woche.

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