Ein Koch verdirbt den Fußball-Brei

von knospepeter

Freitag, der 11. März 2022, könnte ein geschichtsträchtiges Datum für den Deutschen Fußball-Bund werden. Man wird sich einmal daran erinnern, dass an diesem Tag beim 44. Ordentlichen Bundestag des Verbandes die Weichen für eine seriöse Zukunft gestellt wurden oder daran, dass der DFB endgültig vom Vorbild für andere Sportarten zum Skandalverband abglitt. Die Antwort macht sich eigentlich an einer Person fest: Dr. Rainer Koch, seines Zeichens Vorsitzender des Bayerischen und des Süddeutschen Fußball-Verbandes, der ewige DFB-Vizepräsident und ebenso Interimspräsident von den Präsidenten, deren Absturz er angeblich initiierte. Das Kürzel DFB steht nicht mehr für Deutscher Fußball-Bund, sondern wird schon als „Deutsche Fußball-Betrüger“ interpretiert oder ganz einfach „Deutscher Fußball-Brei“. Doch der ist nicht schmackhaft, ein Koch verdirbt den Fußball-Brei. Wird er „kaltgestellt“ oder nicht?

Es ist bezeichnend, dass die Süddeutsche Zeitung anmerkte: „Die Staatsanwaltschaft sollte überlegen, ob sie ein Außenbüro beim DFB einrichtet.“ Gerade erst waren die Staatsanwälte wieder beim Verband zugange, es ging um Steuerbetrug, Untreue und einen undurchsichtigen, offensichtlichen Scheinvertrag über 360.000 Euro für einen dubiosen Berater. Angeblich immer involviert: Rainer Koch. In vielen Affären gaben sich die Staatsanwälte quasi die Türklinke in die Hand, der DFB selbst wollte für Aufklärung sorgen, doch erklärt er die Ergebnisse als Verschlusssache. Keiner soll erfahren, was im Hintergrund abläuft, keiner soll erfahren, wie der DFB für die Funktionäre zum Selbstbedienungsladen verkommen ist. Bezeichnend, dass „außerordentliche“ Sitzungen des Präsidiums und Vorstands im Ausland stattfanden, gern bei Welt- und Europameisterschaften. Wäre das in Deutschland nicht billiger? Wie hoch müssen Entschädigungen für die Präsidenten der Regional- und Landesverbände sein? Es sollen Betroffene Entschädigungswünsche eingereicht haben, die weit über den Einkünften in ihrem eigentlichen Beruf liegen!

Diese Absahner aus den Landesverbänden spielen die entscheidende Rolle bei der Wahl des neuen Präsidenten. Erstmals stehen zwei Kandidaten zur Wahl, erstmals gibt es damit eine geheime Wahl, was ein bisschen Hoffnung macht, dass nicht alle Ränkespiele in den Hinterstübchen zum Erfolg führen. Bisher wurde dort nämlich der künftige Präsident gekürt. Jetzt ist Bernd Neuendorf (60), Chef des Mittelrhein-Verbandes, Mann der Amateure und von Rainer Koch, der Favorit. Der einstige Politiker (NRW-Staatssekretär/SPD) brüstet sich damit, dass er Kanzler Scholz gut kennt und Weichen für den Fußball stellen könnte. Sein Gegenspieler ist Peter Peters (59), Mann des Profi-Fußballs, der von Koch nichts wissen will, aber mit der Hypothek leben muss, dass die Amateure den Profis keine Macht im DFB zugestehen wollen. Aber Aufräumarbeiten wären wichtig, um die Skandale rund um den Verband zu beenden. Vielleicht können das nur Profis…

Der Zugriff von Rainer Koch muss beschränkt werden, doch der einstige Richter findet immer ein Hintertürchen. Er will nicht im Mittelpunkt stehen, doch für den Süddeutschen Verband wird er einen Posten als Vizepräsident behalten. Das ist für ihn wichtig, weil er nur so seinen gutdotierten Posten im Exekutivkomitee der UEFA behalten kann. Die letzten Präsidenten haben alle unter ihm gelitten, der letzte, Fritz Keller, wollte aufräumen, doch das verhinderte Koch, den Keller treffend als „Spaltpilz“ bezeichnete, „der von der Intrige lebt“. Treffend auch die Beurteilung über Koch als Mann „der omnipräsent und spurlos zugleich ist“. Koch zieht die Fäden im Hintergrund, will von Skandalen und Betrügereien aber nie etwas gewusst haben. So heißt es, er hätte dafür gesorgt, dass die Ethikkommission ruhig gestellt wurde, bevor sie Klage gegen Koch einreichen konnte.

Es ist zu befürchten, dass die Grabenkämpfe um den Machterhalt im DFB auch nach dem 11. März weitergehen. Um insgesamt 262 Stimmen geht es, davon haben die Landesverbände allein 140, die DFL gerade mal 74, dazu kommt der DFB-Vorstand. Wer die Delegierten sind, weiß namentlich kein Mensch, die werden von den Landesverbänden bestimmt, den Ränkespielen sind Tür und Tor geöffnet. Dabei würde der deutsche Amateur-Fußball dringend eine starke Führung brauchen, weil vor allem die Corona-Pandemie viele Vereine in Schwierigkeiten gebracht hat und ehrenamtliche Helfer fehlen. Doch wer will an der Basis seine Freizeit opfern, wenn er die Skandale bei „denen da oben“ sieht und erleben muss, dass Verbandsfunktionäre eher an den eigenen Geldbeutel denken. So oder so erwartet den neuen Präsidenten eine schwere Aufgabe. Fritz Keller war ehrenwert und ist gescheitert. Sein Nachfolger muss aufpassen, dass ein Koch den Fußball-Brei nicht weiterhin ungenießbar macht. Außerdem ist Transparenz gefragt, die Basis muss wissen, was oben gespielt wird. Zuletzt war es leider nur schlechtes Theater.

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