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Tag: Spanien

Ein Streifzug durch die Fußball-Ligen Europas

Die Spiele der Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft stehen in diesen Tagen im Mittelpunkt, die nationalen Profi-Ligen machen zwangsläufig eine Pause. Da ist es der richtige Zeitpunkt, wieder einmal einen kleinen Streifzug durch die großen Ligen Europas zu wagen. Dabei zeigt sich Erstaunliches.

Auf den ersten Blick sieht alles normal aus. Die Tabellenführer heißen FC Liverpool (England), Real Madrid (Spanien), Juventus Turin (Italien) und Paris St. Germain (Frankreich). Nur die Bundesliga stellt mit Borussia Mönchengladbach die große Ausnahme. Doch bei den anderen ist nicht alles Gold was glänzt. Vielfach haben sich Sorgen breit gemacht, vor allem in Spanien. Real Madrid ist zwar mit drei Punkten Vorsprung an der Spitze, weil es das Schlagerspiel gegen Aufsteiger FC Granada (!!!) mit 4:2 gewonnen hat. Dennoch sprachen Beobachter von einer „phasenweise Enttäuschung“, dennoch geriet sogar der „heilige“ Trainer Zinedine Zidan in den letzten Wochen in die Kritik. Die Stars machen Probleme, Torhüter Thibaut Courtois befindet sich in einem (psychologischen?) Tief, Vertreter Areola (von Paris im Tausch mit Navas gekommen) patzte, Toni Kroos verletzt, der einstige Weltfußballer Luka Modric oft nur Ersatz. Den Abgang von Cristiano Ronaldo haben die Königlichen immer noch nicht ganz verkraftet. In der Champions League ist Real in der Gruppe A nur Letzter nach einem 0:3 in Paris und 2:2 gegen Brügge. Das drückt die Stimmung.

Eigentlich müsste die Konkurrenz diese Schwächen nutzen, doch Titelverteidiger FC Barcelona hat selbst Sorgen und ist nur Vierter. Leo Messi verletzt, Torjäger Grießmann noch nicht richtig angekommen, den Kampf um Neymar verloren. Der Glanz der vergangenen Jahre ist auch bei Barca verblasst. Atletico Madrid hat andere Sorgen, nämlich den Umbruch in der Mannschaft, viele Stars sind gegangen. Platz zwei (vor Granada) ist da schon ein gutes Trostpflaster, aber kein Ruhekissen.

Paris und Juventus sind in ihren Ligen zwar Tabellenführer, aber keineswegs so dominierend wie in den letzten Jahren, wobei Trainer Thomas Tuchel bei seiner Mannschaft vor allem Verletzungssorgen hat und zwangsläufig auf junge Talente setzen muss. Retter in den letzten Spielen war mit entscheidenden Toren ausgerechnet Neymar, der eigentlich neben Messi in Barcelona dem Ball nachjagen wollte. Der umstrittene Star und Schwalbenkönig sammelte immerhin Sympathiepunkte, er lässt sich nicht hängen.

Die alte Dame Juve ist erstaunt, dass plötzlich Konkurrenz auftaucht, erst im direkten Duell mit Inter Mailand und mit einem 2:1-Sieg konnte der angestammte Platz an der Sonne zurückgeholt werden. Inter ist auf dem Weg zu altem Glanz, ganz im Gegenteil zum Lokalrivalen AC Mailand, der auch vorn mitmischen wollte, aber als 13. erst einmal den Trainer gewechselt hat. Ein großer Star in Italien ist übrigens Franck Ribery. Der Ex-Bayer will kein Fußball-Rentner sein und genießt die Verehrung in Florenz, wurde in Italien sogar zum „Spieler des Monats“ gekürt.

Keine Sorgen muss sich derzeit Jürgen Klopp in England machen. Mit dem FC Liverpool hat er nach acht Spieltagen sage und schreibe acht Punkte Vorsprung vor Titelverteidiger Manchester City. Hochgerechnet bedeutet dies am Ende 38 Punkte Vorsprung! Nein, so wird es nicht kommen, aber logisch, dass die Fans wieder einmal von der „Erlösung“ träumen, der ersten Meisterschaft seit 1990. 2020 wäre dafür das perfekte Jahr 30 Jahre danach und Jürgen Klopp endgültig unsterblich bei den „Reds“. Die Rollen werden vielleicht anders verteilt. Pep Guardiola bescherte den Fans von Manchester City zuletzt den nationalen Titel, sie aber wollen (wie der Trainer) vor allem die Champions League gewinnen, was ja eben Klopp mit Liverpool gelang. Da bahnt sich also ein englischer Tausch an!

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Cristiano Ronaldo beschäftigte Europas Fußball

Cristiano Ronaldo und sonst nichts! So ungefähr sah Europas Fußball-Bühne im Sommer aus. Hitze, Dürre und als deren Folge verheerende Waldbrände traten in den Schlagzeilen – diesen Eindruck hatte man fast – in den Hintergrund. Juventus Turin und den Fiat-Eignern war auf jeden Fall ein großer Coup gelungen, der nur möglich war, weil der Torjäger vor dem spanischen Finanzamt fliehen wollte und wohl auch ein Faible für die alte Dame Juve hat. So wurde der Portugiese zum PR-Knüller und er küsste gleichzeitig die Serie A in Italien wach. Natürlich waren auch die Ligen in Spanien und England im Gespräch, dagegen spielte die Bundesliga auf Europas Bühne keine Rolle. Es passt zum Dilemma: Vorbei ist es mit der Weltmeister-Liga, der Glanz ist verblasst.

Italien hat sich mit Cristiano Ronaldo auf Europas Bühne zurückgemeldet, allerdings ist dort auch nicht alles Gold was glänzt. Dazu kam ausgerechnet zum Saisonstart der Schicksalsschlag der Nation mit dem Brückeneinsturz in Genua. Das lähmte natürlich auch die Fußball-Begeisterung. Doch der Mensch vergisst schnell und die Fans, die Tifosi, sowieso. Leider vergessen sie manchmal auch den Anstand, wie die Ultras von Lazio Rom, die mit Flugblättern Stimmung gegen Frauen machten. Bisher schockten sie mit Nazi-Parolen. So kann der Fußball in Italien statt Aufwind wieder Gegenwind bekommen. Nicht zu vergessen, dass im Verband sowieso Chaos herrscht und in den unteren Ligen oft kein geregelter Spielbetrieb stattfindet.

Bei den Spitzenklubs aber wieder Hoffnung. Neben den Klubs aus Rom und Neapel (mit Trainer Carlo Ancelotti) wollen auch beide Mailänder Klubs an alte Erfolge anknüpfen. Inter und Milan kämpfen mit Geldern aus China und den USA um den Anschluss an die großen Vereine in Europa. Die Bundesliga darf sich also warm anziehen, nachdem Italien in der UEFA-Fünfjahreswertung sowieso schon vorbeigezogen ist.

Spanien und England standen zwar ein bisschen im Schatten, aber eine Nebenrolle spielten sie keineswegs. In Madrid drehte sich ja auch alles um Cristiano Ronaldo, doch anders als in Turin stand dort die Frage im Vordergrund, wer den Torjäger auf Dauer ersetzen kann. Es erstaunte schon, dass beim Star-Ensemble sogar vom Kollektiv die Rede ist. Die im Schatten von Ronaldo standen sollen jetzt groß aufspielen. Das scheint vor allem bei Gareth Bale angekommen zu sein. Der Waliser wirkt von einer Last befreit und glänzt als Torschütze. Doch der eher schüchterne Flügelflitzer wird Showman Ronaldo nicht ersetzen können. Das zeigte sich schon beim Liga-Start: Real Madrid spielte vor halbleeren Rängen.

Die Engländer setzen ihre ausgeglichene Liga dagegen. Viel Geld ist natürlich wieder geflossen, aber keineswegs in dem üppigen Ausmaß wie in den vergangenen Jahren. Ein bisschen ist der Markt halt auch gesättigt. Ein Rekord muss allerdings sein und so überboten sich Liverpool und Chelsea bei den Verpflichtungen von Torhütern und schließlich holten die Londoner für 80 Millionen Euro mit Kepa aus Bilbao den teuersten Torhüter der Welt. Ging ja auch nur, weil Ronaldo diese Position keineswegs einnehmen kann.

Wie die Bundesliga steht auch die Ligue 1 in Frankreich im Schatten der anderen, doch sie hat nun das Pfund in der Hand, mit dem die Bundesliga vier Jahre lang werben durfte: Die Weltmeister-Liga! Für Glanz sorgt dazu Paris St. Germain und weltmeisterlich zeigte sich am ersten Spieltag Jungstar Kylan Mbappe. Er wird Trainer Thomas Tuchel sicherlich noch viel Freude bereiten, wenn ihn nicht Verletzungen stoppen. Das ist die Crux der Bundesliga, dass ihr die großen Stars abgehen, weil auch Bayern München nicht alle Preissteigerungen auf dem Spielermarkt mitmachen will. Allein Robert Lewandowski, der weiterhin als einer der besten Mittelstürmer der Welt gilt, und der Kolumbianer James, der vor allem in Südamerika viele Fans hat, können ein bisschen Glanz verbreiten, der auch bei den Altstars Robben und Ribery inzwischen verblasst. Schade, die Bundesliga hat Cristiano Ronaldo nicht ins Visier genommen. Er wusste: Da kann und will mich keiner bezahlen.

Ereilt Deutschland der Fluch der Weltmeister?

Die Aussage war entlarvend und mag als Beispiel dienen: „Von WM-Feeling haben wir noch nichts mitbekommen“, hieß es aus der deutschen Mannschaft aus dem WM-Quartier Watutinki mitten in einem Wald in der Nähe von Moskau. Dieses Feeling zeigte sich auch beim Auftaktspiel gegen Mexiko beim 0:1: Lasch, ohne Schwung, die gesamte Mannschaft im Schonmodus eines Vorbereitungsspiels. Deutschland reihte sich damit ein in die Gruppe der Favoriten, die fast alle einen verschlafenen Start hatten. Leute, die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland hat bereits begonnen!

Was die deutsche Mannschaft angeht, wurden Bundestrainer Joachim Löw, seinem Trainerteam und den Spielern schmerzhaft die Augen geöffnet. Alle Fehler, die vorher auftraten und angeprangert wurden, konnten nicht abgestellt werden. Die Mexikaner werden sich verwundert die Augen gerieben haben, dass sie so ein Konterfestival feiern konnten. Eine Abwehr war im DFB-Team praktisch nicht vorhanden. War Kompaktheit vor vier Jahren auf dem Weg zum Titel Trumpf, so gab es diesmal einen Tag der offenen Tür. Sinnbildlich Khedira, der die Mitte nicht schließen konnte oder Rechtsverteidiger Kimmich, der stürmte, aber die Abwehr vergaß. Die Warnung für Löw und seine Jungs: Es sind zuletzt zweimal die Weltmeister in der Vorrunde gescheitert. 2014 Spanien nach einem 1:5 zum Auftakt gegen die Niederlande und zuvor 2010 Italien nach einem 1:1 im ersten Spiel gegen Paraguay. Ereilt jetzt Deutschland der Fluch der Weltmeister? Wer die Spannung liebt, darf sich freuen, ab sofort ist jedes Spiel der DFB-Elf ein Endspiel! Aber: Es ist keiner im Kader, der Khedira als Abräumer ersetzen kann, es ist keiner im Kader, der Kraft seiner Persönlichkeit für mehr Ordnung im Mittelfeld sorgen kann. Gündogan, Rudy, Goretzka – keiner von ihnen stellt eine echte Alternative dar!

Eine Mauer steht noch

In Deutschland fiel die Mauer, die das Land teilte, im November 1989. Doch eine Mauer steht noch, bei der Fußball-WM. Es ist Mauer der Kleinen gegen die Großen. Und so wunderten sich auch andere Favoriten, nicht nur Deutschland. Sinnbildlich Island gegen Argentinien, als teilweise alle Feldspieler rund um den eigenen Strafraum das 1:1 verteidigten. Motto: Wenn keine Chancengleichheit herrscht, dann müssen wir uns eben verbarrikadieren. Mit dem Mute der Verzweiflung wird gekämpft und der eine oder andere Konter geht immer noch. Dann kommt manchmal ein 1:1 heraus, manchmal gibt es aber dennoch eine unglückliche Niederlage, so wie für Ägypten gegen Uruguay (0:1) oder Australien gegen Frankreich (1:2). Ein begeisterndes Spiel hat es bisher nur einmal gegeben, das 3:3 zwischen Portugal und Spanien, ein Duell auf Augenhöhe mit offenem Visier.

Die WM läuft und wir staunen, dass sich der Videobeweis bisher als wertvoll erwiesen hat und keineswegs für ein Chaos sorgte, wie es noch vor einem Jahr beim Test vom Confed Cup zu erleben war. Die Order, den Videobeweis sparsam einzusetzen, erweist sich als richtig, ebenso, dass die Schiedsrichter großzügig leiten und nicht jeden kleinen Rempler gleich als Foul werten. Eine Tatsache, die vor allem die Bundesliga-Profis verblüfft. Da wunderte sich auch Khedira vor dem entscheidenden Tor gegen Mexiko, als er nach einer harmlosen Kollision in Erwartung eines Pfiffes die Arbeit einstellte. Das Motto „ruhe sanft“ ist nichts für Fußball-Profis!

Ronaldo gegen Messi 3:0

Vor einem WM-Turnier machen sich ja viele immer Gedanken, wer am Ende der Spieler des Turniers sein werde, wer Torschützenkönig usw. Wenn es um den besten Spieler geht, stehen die Weltfußballer natürlich ganz oben auf der Liste und bei den großen Stars steht es nach dem Auftritt glatt 3:0 für Cristiano Ronaldo gegen seinen alten Kontrahenten Lionel Messi. Es war fast eine Demütigung für den kleinen Argentinier. Ronaldo erzielte alle drei Treffer beim 3:3 gegen Spanien für Portugal, auch per Elfmeter und mit Freistoß. Messi aber verschoss einen Elfmeter und setzte den letzten Freistoß, der Argentinien hätte den Sieg bringen können, über die Latte. Und der dritte im Bunde, der Brasilianer Neymar, bekanntlich der teuerste Spieler auf der Welt, der tauchte gegen die Schweiz fast gar nicht auf. Na gut, er muss nach einer langen Verletzung erst in Schwung kommen und betrachtete die Partie wohl für sich erst einmal als Vorbereitung (siehe oben). Außerdem will er mit Ronaldo und Messi gar nicht konkurrieren. „Die sind von einem anderen Stern“, hat Neymar betont und sieht sich gleichzeitig damit als bester Spieler dieser Welt. So einfach ist das. Nur gewinnen, das ist für die Favoriten gar nicht so einfach… Die Fußball-WM kann noch ganz interessant werden.

Niemand will die Bayern zum Meister machen

Seltsame Fußball-Bundesliga: Erst findet sich in der Saison kein ernsthafter Konkurrent für den Titelverteidiger Bayern München (nachdem die Anfangseuphorie in Dortmund verflogen ist), am Ende, dann, wenn der letzte Schritt der Münchner zum Titelgewinn ansteht, da begehren die Gegner plötzlich auf. Unisono heißt es: „Die Bayern werden ja sowieso Meister, aber bei uns sollen sie es nicht werden.“ Dies ist am Samstag auch die Gefühlslage in Augsburg. Die Bayern Meister beim FCA – keine angenehme Vorstellung bei den FCA-Fans, die kaum Sympathien für den übermächtigen Nachbarn haben.

Die Augsburger wissen, sie brauchen im Derby einen Glanztag, damit die Bayern nicht feiern. Allerdings haben die Schwaben den Vorteil, dass die Bundesliga derzeit für die Münchner nur ein Pflichtprogramm darstellt, im Mittelpunkt stehen die zwei Duelle mit dem FC Sevilla in der Champions League. Da geht es am 3. und 11. April um den Einzug ins Halbfinale und der Gegner könnte eine größere Hürde sein, als bei der Auslosung erhofft. Das 2:2 von Sevilla gegen den FC Barcelona am Wochenende war Warnung genug. Zurück zu Augsburg und die Hoffnung der FCA-Fans: Bayern-Trainer Jupp Heynckes wird zwischen den Sevilla-Spielen wohl rotieren lassen. Motto: Meister werden wir sowieso, wann, ist egal. Die Bayern könnten aber in Konkurrenz treten zu den anderen dominanten Teams in Europa: Manchester City führt in England mit 16 Punkten Vorsprung, Paris St. Germain hat in Frankreich 17 Zähler Abstand auf Monaco, genauso also wie die Bayern gegenüber dem Bundesliga-Zweiten Schalke 04. Wer wird zuerst Meister?

Eines zeigte sich am vergangenen Wochenende: Das 6:0 gegen Borussia Dortmund bewies, dass die Bayern für Sevilla gerüstet sind. Doch so leicht wird es ihnen von den Spaniern nicht gemacht werden. Das 6:0 bewies nämlich auch, dass Dortmund derzeit kein ernsthafter Bayern-Konkurrent ist. Fast unglaublich, dass die Dortmunder am Anfang mal fünf Punkte Vorsprung vor den Münchnern hatten. Jetzt wurden die Westfalen zum Sorgenkind. Was der Mannschaft fehlt, ist eine echte Führungspersönlichkeit. Weil die nicht mehr auf den Rasen geholt werden kann, bauen die Macher um Boss Watzke und Sportchef Zorc auf Führung rund um die Mannschaft. Der einstige Kapitän Sebastian Kehl soll als neuer Leiter der Lizenzspielerabteilung (unter Zorc) nah an die Mannschaft rücken, der einstige Trainer Matthias Sammer soll als externer Berater aufzeigen, wo die Schwachstellen im Mannschaftsgefüge liegen. Nach dem spielerischen Offenbarungseid der Dortmunder in den letzten Wochen und vor allem in München sind auch die Tage von Trainer Peter Stöger gezählt. Nach der Saison wird erst der richtige große Umbruch kommen.

Die Bundesliga bietet kaum sehenswerte Unterhaltung (immerhin gab es diesmal zwei 6:0-Klatschen), aber weiterhin Spannung. Der Kampf um Europa und gegen den Abstieg geht weiter und bietet am kommenden Wochenende zwei brisante direkte Duelle: Bei Frankfurt gegen Hoffenheim und Leipzig gegen Leverkusen geht es um die Fleischtöpfe in Champions League und Europa League. Dagegen spielt Köln gegen Mainz quasi um die letzte Chance auf den Klassenerhalt, weil eben der direkte Anschluss an einen Konkurrenten geschafft werden kann, bei Freiburg gegen Wolfsburg wiederum heißt es, der Sieger bekommt Luft, der Verlierer verstärkt Atemnot im Abstiegskampf. Spielerische Klasse dürfen wir freilich nicht erwarten.

Spielerische Klasse zeigte zweifellos die Nationalmannschaft. Mehr beim 1:1 gegen Spanien, weniger beim 0:1 gegen Brasilien, doch da bot Jogi Löw mehr seine zweite Garnitur auf. Der Bundestrainer begünstigte das Vorhaben der Brasilianer, sich ein bisschen wenigstens für das 1:7 bei der Weltmeisterschaft 2014 zu revanchieren. So hat die geschundene Fußballseele der Südamerikaner wenigstens ein bisschen Ruhe. Deutschland aber gewann seine letzten vier WM-Testspiele gegen England, Frankreich, Spanien und Brasilien nicht (drei Unentschieden, vier Spiele ohne Sieg gab es zuletzt 2004!) und machte damit deutlich: Der Weg zu einer erfolgreichen Titelverteidigung im Sommer in Russland wird kein Spaziergang. Genau diese Testgegner werden auch die größten Konkurrenten sein, wobei Spanien den besten Eindruck hinterließ. Jogi Löw dürfte aber schon Erkenntnisse gewonnen haben, wer ihm in Russland nicht unbedingt helfen kann. Das Berliner Stadion war übrigens ausverkauft, die Fans mussten aber wieder das alte Leiden der Freundschaftsspiele hinnehmen, viel Geld für wenige Stars. Insofern war diese Begegnung sogar ein Plädoyer für die neu geschaffene und in der Kritik stehende Nations League.

Bei der WM soll es auch den Videobeweis geben und das ohne große Tests vorher. Wie kompliziert der Videobeweis ist, der eigentlich Klarheit und Gerechtigkeit bringen soll, zeigte sich wieder in der Bundesliga. Einmal wird eine knappe Abseitsentscheidung geahndet, bei einem anderen Spiel wiederum nicht. Logisch, dass die Aufregung groß ist, wer sich benachteiligt fühlt, wehrt sich. Hannover will bei der DFL sogar Beschwerde einlegen. Fehler dürfen passieren, aber nur zu Ungunsten des Gegners… Und wenn die gefühlte Benachteiligung besonders krass ist, dann flippt auch mal ein Trainer richtig aus. Ein Wunder, dass Freiburgs Coach Christian Streich beim Ärger über ungerechtfertigte Gelbe Karten keinen Herzinfarkt erlitten hat. Aber die Szenen seiner Aufregung zeigten deutlich: Die Bundesliga kann gesundheitsschädlich sein. Die EU wird sicherlich bald entsprechende Warnhinweise vorschreiben.

Die Bundesliga hat ein Eigentor erzielt

Die Fußball-Bundesliga hatte zwar wie alle Ligen in Europa Länderspielpause und dennoch war sie aktiv und hat dabei ein Eigentor erzielt. Eine unter seltsamen Umständen zustande gekommene Entscheidung bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Frankfurt gefährdet eine gute Zukunft. In einer Art Handstreich hat Andreas Rettig, Geschäftsführer vom Zweitligisten FC St. Pauli, eine knappe Mehrheit der Vereinsvertreter hinter sich gebracht und dafür gesorgt, dass die umstrittene 50+1-Regelung vorerst erhalten bleibt. Die besagt, dass die Mehrheit beim Verein bleiben muss und verschließt die Türen für Geldgeber. Allerdings gibt es bereits Ausnahmen und Auswüchse, was beweist, dass die derzeitige Regelung nicht mehr zeitgemäß ist. Es wurde versäumt, eine echte Entwicklung in die Wege zu leiten, damit auch die kartellrechtlichen und juristischen Zweifel ausgeräumt werden könnten. Das heißt aber auch, dass der Geldfluss für die Liga erschwert bleibt, dass die Bundesliga weiterhin Gefahr läuft, von den Klubs aus Spanien, England, Italien und bald auch Frankreich sportlich abgehängt zu werden. Siehe die diesjährige katastrophale Saison.

Was die Bundesliga angeht, wird derzeit ja auch (ebenfalls auf diesen Seiten) das schwache Niveau der Liga diskutiert. Zum Glück macht da die Nationalmannschaft nicht mit. Ganz im Gegenteil, die DFB-Elf zeigte beim 1:1 gegen Spanien erstaunlich hohes Niveau und begegnete dem Tiki-Taka des Gegners auf gleicher Höhe. Es war ein überaus wertvoller Test für Bundestrainer Joachim Löw und seine Mannen, er zeigte, dass der Weltmeister nach wie vor weltmeisterliche Klasse hat, er zeigte aber auch, dass Deutschland damit nicht alleine ist. Spanien schwingt sich zu alter Klasse auf, auch andere Nationen wie zum Beispiel Brasilien machten auf sich aufmerksam. Deutschland wurden die Augen geöffnet, falls sich überhaupt jemand falschen Träumen hingab: Eine erfolgreiche Titelverteidigung wird bei der Weltmeisterschaft in Russland kein Selbstläufer.

An Ostern übernimmt wieder die Bundesliga das Kommando, der Endspurt beginnt. Noch sieben Spieltage stehen an, es geht um Europa, um den Klassenerhalt und für viele Spieler um einen Platz im WM-Aufgebot. Eigentlich müssten Teams und Spieler auf dem Rasen ein Feuerwerk abbrennen, dürften nur Siege zählen, aber wahrscheinlich lähmt der Druck und es bleibt oberstes Gebot, nur nicht zu verlieren. Die Ausnahme ist – wie fast immer – der FC Bayern München, der eventuell nicht nur Ostern, sondern auch die Deutsche Meisterschaft feiern könnte. Die Konstellation ist allerdings nicht so günstig, denn Verfolger Schalke 04 ist gegen den SC Freiburg Favorit (ein 1:0 liegt in der Luft) und die Bayern selbst müssen gegen den alten Rivalen Borussia Dortmund bestehen. Dortmund ist zwar aktuell nicht auf Augenhöhe, aber unter Peter Stöger in der Bundesliga noch ungeschlagen. Die Bayern haben nach einer Länderspielpause meist Probleme wieder in Schwung zu kommen. Doch die Zeit drängt für sie, denn im April stehen die entscheidenden Spiele an, so folgt schon am 3. April die Prüfung in Sevilla im Viertelfinale der Champions League.

Ungünstig für den Meister, dass genau in diese Zeit die Diskussion um den künftigen Trainer wieder aufflammt und zudem Torjäger Robert Lewandowski immer wieder mit Wechselgerüchten in den Medien auftaucht. Wechselgelüsten des Polen einen Riegel vorzuschieben ist leicht, er hat schließlich Vertrag bis 2021 und die Bayern haben keine Verkaufsabsichten. Schwerer zu lösen ist die Trainerfrage. Die Diskussion im Verein, ob Thomas Tuchel der Nachfolger von Jupp Heynckes werden soll oder nicht, beendet Tuchel offensichtlich auf seine Weise: Den Medien zufolge wechselt er ins Ausland. Die einen sehen ihn als Nachfolger von Arsene Wenger bei Arsenal London, die anderen sehen ihn bei Chelsea London oder sogar Paris St. Germain. Wie auch immer, Tuchel geht wohl immer zu einem Spitzenverein.

Dagegen muss sein quasi Nachfolger in Dortmund, Peter Stöger, um seine Zukunft noch kämpfen. Bei der Borussia ist man von dem Österreicher nicht hundertprozentig überzeugt, was die Zukunft angeht. Ein Erfolgserlebnis in München könnte auch Stöger helfen, zwei Niederlagen hintereinander (zuletzt 1:2 in Leipzig) können sich die Bayern allerdings im Hinblick auf Sevilla nicht leisten. Sie müssen eher zeigen, dass sie für die Champions League gerüstet sind. Diesbezüglich könnten sie sich ein Beispiel an der Nationalmannschaft nehmen.

Noch mehr als das Geschehen an der Spitze wird im April vor allem der Abstiegskampf im Mittelpunkt stehen. In erster Linie Hamburg, Köln, Mainz und Wolfsburg sind dringend auf Punkte angewiesen, zwei dieser Kandidaten wird es erwischen, nur einer hat am Ende die Bundesliga sicher. Vielleicht bleibt die Spannung bis zum letzten Spieltag, wenn sich Wolfsburg und Köln gegenüberstehen. Übrigens: Besonders krass ist der Abstiegskampf eine Etage tiefer, da können Vereine, die um den Aufstieg kämpfen kurze Zeit später mitten im Abstiegskampf stecken. „Liga der Angst“ titelt die Fachzeitung kicker, was eigentlich alles beschreibt. Oder ist der April, eigentlich im Frühling eher ein Monat der Hoffnung, im Fußball ein Monat der Angst?

Start in das WM-Jahr – die heiße Fußball-Zeit beginnt

Am Freitag, 16. März, fiel gewissermaßen der Startschuss: In der Champions League wurde das Viertelfinale ausgelost, die Top-Teams sind unter sich. Zwei Stunden später verkündete Deutschlands Bundestrainer Joachim Löw seinen Kader für die Länderspiele gegen Spanien und Brasilien, die erste Auswahl im WM-Jahr, die wohl Fingerzeige geben sollte. Das bedeutet: Wir haben den Start in das WM-Jahr – die heiße Fußball-Zeit beginnt.

Das es heiß wird, davon kann vor allem der FC Bayern München reden, denn nach der Länderspielpause stehen dem Deutschen Meister vom 31. März an (Gegner Dortmund) mit Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League (also das Triple, von dem die Bayern träumen) sieben Spiele in 21 Tagen bevor, der April wird der Monat der Entscheidung. Der Start in die heiße Phase war für die Münchner glücklich, bei der Viertelfinal-Auslosung der Champions League wurde keiner der großen Favoriten gezogen, sondern der FC Sevilla. Doch Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, „es gibt keine leichten Gegner mehr“, heißt es natürlich, aber Sevilla ist sicher leichter als Barcelona oder Real Madrid. Das Halbfinale sollte möglich sein. Aber: Sevilla gewann schließlich die Europa League von 2014 bis 2016 dreimal hintereinander und schaltete Manchester United aus. So schlecht sind die Spanier also nicht.

Drei Teams aus Spanien, zwei aus England und Italien sowie die Bayern schafften es ins Viertelfinale. Ein englischer Vertreter wird auch im Halbfinale zu finden sein, denn der FC Liverpool und Manchester City treffen aufeinander, die alten Konkurrenten Jürgen Klopp und Pep Guardiola duellieren sich also wieder. Erstaunlich: Die Bilanz spricht mit sechs Siegen, einem Remis und fünf Niederlagen für Klopp! Das zweite heiße Duell ist der Aufguss des letzten Finals, Juventus Turin und Titelverteidiger Real Madrid treffen sich diesmal bereits im Viertelfinale. Schwierig für die alten Herren der alten Dame Juve, Real will seine letzte Chance auf einen Pokal in der Champions League nutzen und außerdem den historischen Triumph erweitern: Sie schafften erstmals eine erfolgreiche Titelverteidigung, jetzt wollen Ronaldo und Co. den Hattrick. Er ist nur noch fünf Spiele entfernt. Im vierten Duell ist der FC Barcelona großer Favorit gegen den AS Rom.

Im April und Mai gehören die Fußball-Schlagzeilen der Champions League, danach übernimmt endgültig die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Doch die WM ist quasi bei jedem Spiel präsent, geht es doch um die endgültige Auswahl der Nationaltrainer, jedes Match ist eine Bewährungsprobe für die Kandidaten. Bundestrainer Joachim Löw hat ein bisschen Einblick gegeben, aber die Karten noch nicht auf den Tisch gelegt. Der Kader für die Länderspiele gegen Spanien am 23. März in Düsseldorf und Brasilien am 27. März in Berlin wurde bewusst groß gehalten. Bei 26 Spielern muss Löw nicht allzu viele enttäuschen, zumal er zwei Kandidaten guten Gewissens zu Hause lassen kann, nämlich die Dortmunder Marco Reus und Mario Götze, die nach langer Verletzungspause noch nicht in Hochform sein können und sich lieber schonen sollen. Sie stehen auf der Warteliste. So ist kein einziger Dortmunder im Aufgebot. Das Ausscheiden gegen Salzburg in der Europa League (1:2 und 0:0) zeigte, warum.

Ein bisschen in die Karten schauen kann man Jogi Löw jedoch schon, obwohl er wie üblich betont, dass die Tür für jeden noch offen stehe. So hält er an seinem bekannten Torhüter-Trio fest (außer Kapitän Manuel Neuer auf den er ja noch hofft), Münchens Neuer-Vertreter Sven Ulreich, der derzeit als bester Torhüter der Bundesliga gilt, bekam keine Chance. Wenn Löw ihn hätte testen wollen, dann wohl jetzt. Das gilt auch für den Augsburger Philipp Max, dem viele eine Chance als Linksverteidiger gegeben hätten, schließlich ist er der Vorlagen-König der Bundesliga. Statt ihm kehrt der etablierte Jonas Hector vom 1. FC Köln wieder zurück. Ein schlechtes Zeichen hat wohl auch Flügelflitzer Amin Younes bekommen, der gerade bei Ajax Amsterdam Probleme hat, denn er fehlt.

Dagegen drückt sich Löw bei 26 Kandidaten vor weiteren Entscheidungen. So sind neben Timo Werner die klassischen Strafraum-Mittelstürmer Mario Gomez und Sandro Wagner dabei, doch nur für einen wird Platz im WM-Aufgebot sein. Kandidaten für die Streichliste sind wohl auch Lars Stindl (Gladbach) und Sebastian Rudy (Bayern). Der eine hat nicht die Form wie zum Beispiel vom Confed-Cup, der andere hat nicht allzu viele Spielanteile beim neuen Verein. Keine guten WM-Voraussetzungen.

Soll es draußen auch noch einmal stürmen und schneien, der Fußball ist ganz heiß. Das Frühjahr ist traditionell in den großen Ligen die Zeit der Entscheidungen. Im Fußball wird die Ernte im April und Mai eingefahren, doch die Mehrheit der Klubs wird am Ende eher von einer schlechten Ernte sprechen.

Der deutsche Vereinsfußball in der Krise

Die alte Diskussion wird nie enden, aber die deutschen Fußball-Fans müssen derzeit ein bisschen zurückhaltend sein, wenn es darum geht, zu bestimmen, welche nationale Liga die stärkste in Europa ist. Gerne haben wir dann auf Deutschland verwiesen, doch mit solch einer Einschätzung macht man sich derzeit gegenüber England und Spanien, ja sogar Italien lächerlich. Die europäischen Wettbewerbe waren ein einziges Desaster für die Bundesliga, Deutschland landete in der UEFA-Wertung nur auf Platz elf. Der deutsche Vereinsfußball befindet sich in der Krise.

Ein Trost zum Advent, weil immer noch ein Lichtlein brennt. Das betrifft zum Beispiel die Nationalmannschaft, die als amtierender Weltmeister derzeit auch die Nummer 1 der Weltrangliste ist. Die Ausnahme ist auch Bayern München, das sich mit dem 3:1-Sieg über Paris St. Germain nach dem blamablen 0:3 im Hinspiel mit der verunglückten Ancelotti-Aufstellung wieder international rehabilitiert hat. Traurig aber, dass der deutsche Meister als einziger Bundesligist ins Achtelfinale der Champions League (CL) einzog. In der Europa League (EL) schieden zudem alle Bundesligisten sang- und klanglos aus, so dass nur die CL-Absteiger Dortmund und Leipzig in der EL vertreten sind.

Die aktuelle Jahres-Rangliste der UEFA spricht Bände. England vor Spanien und Italien, Deutschland, in der Fünfjahreswertung immerhin noch Vierter, aktuell nur Elfter – hinter der Ukraine, Zypern, Türkei und Österreich. Da darf keiner sagen, das liege – mit Blick auf die reichen englischen Vereine – am Geld. Gegenüber den genannten Nationen sind die deutschen Klubs wohl finanziell besser ausgestattet. Es fehlte den EL-Vertretern Hoffenheim, Hertha BSC Berlin und 1. FC Köln vor allem an Ehrgeiz und Siegeswillen. Sie sahen die EL als Spaß an, als Abwechslung zum Bundesliga-Alltag, der absoluten Vorrang genießt. Bei dieser Einstellung brauchen wir nie mehr davon sprechen, die Bundesliga könne die Nummer 1 in Europa sein.

England macht es vor, die Vereine der Premier League haben die Gelder des Fernsehens und der Sponsoren wohl doch gut investiert. Fünf Klubs starteten in der CL, alle fünf sind jetzt im Achtelfinale immer noch dabei, vier davon qualifizierten sich als Gruppensieger. In 30 Spielen gab es 21 Siege und nur drei Niederlagen. Die Bilanz von München, Dortmund und Leipzig ist mit 7 Siegen (davon allein fünf die Bayern, zwei Leipzig), 3 Unentschieden und 8 Niederlagen negativ! In der Europa League sah es nicht besser aus: Nur 4 Siege, 4 Remis, 8 Niederlagen. Gut Nacht deutscher Fußball. Deutsche Urlauber werden sich in Österreich etwas anhören dürfen, bei der besseren Bilanz des Nachbarn.

Es muss ein Umdenken bei den Klubs der Bundesliga geben. Die internationalen Wettbewerbe müssen mit allem Ehrgeiz bestritten werden, auch die Europa League muss angenommen werden. Es wirkt noch immer nach, dass „Kaiser“ Franz Beckenbauer in seiner unnachahmlichen Art den zweitklassigen Wettbewerb einst als „Cup der Verlierer“ bezeichnet hat. Seltsam ist nur, dass während der Saison die Vereine nach den Plätzen für Europa schielen. Nur deshalb, weil sie dann sicher sein können, mit dem Abstiegskampf nichts zu tun zu haben? Auch in der EL lässt sich gutes Geld verdienen, man muss dafür allerdings auch etwas tun.

Bleibt das Umdenken aus, wird sich Deutschland bald aus der Zone der privilegierten Nationen verabschieden, nämlich Rang der 4 der Jahreswertung gegen Frankreich oder Russland verlieren und damit auch vier fixe Starter in der Champions League. Dann allerdings ist das Geschrei in der Liga wieder groß.

Vielleicht gibt es ein bisschen Wiedergutmachung schon in den K.o.-Spielen im Frühjahr, wenn Bayern München der Konkurrenz trotzt, Borussia Dortmund zu alter Stärke zurückfindet und Punkte in der EL holt und RB Leipzig im Lernprozess weiter kommt und die Überraschung gegen Neapel schafft. Auch für die Bundesliga gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ob nur ein vorübergehendes Tief oder eine echte Krise werden wir im nächsten Jahr sehen. Doch von der Bundesliga als bester Liga in Europa wollen wir nicht mehr reden. Da lässt England grüßen.

Wer ist die Nummer 1 in Europas Fußball: Geld? Klasse? Stimmung?

 

Olympia geht am Sonntag zu Ende bzw. ist (wer später liest) zu Ende gegangen, also Bühne frei für Europas Fußball. Die Top-Ligen nehmen in diesen Tagen alle ihren Spielbetrieb auf, die Bundesliga ist mit Rücksicht auf das Olympia-Team (hört, hört!) am 26. August der Spätstarter. Vor jeder Saison stellt sich neu die Frage, welche Liga eigentlich die Nummer 1 in Europa ist. Dafür gibt es derzeit drei Antwortmöglichkeiten: Das Geld? Die Klasse? Oder gar die Stimmung?

Eigentlich könnte man sich die Antwort leicht machen, nämlich mit einem Blick auf die UEFA-Fünfjahreswertung, die aktuell so aussieht:1. Spanien 105,713 Punkte, 2. Deutschland 80,177, 3. England 76,284, 4. Italien 70,439, 5. Portugal 53,082, 6. Frankreich 52,749.

Doch die Punktzahlen und das Feeling sind zwei Paar Stiefel. Spanien ist unbestreitbar sportlich die Nummer 1. Die klare Führung in der Fünfjahreswertung ist das Resultat der großartigen Erfolge: In den letzten drei Jahren gewannen nur spanische Klubs die beiden europäischen Titel! Der FC Sevilla holte das Triple in der Europa League (EL), Real Madrid (2014 und 2016) und der FC Barcelona lösten sich in der Champions League (CL) ab. Nichtspanische Sieger waren also 2013 Chelsea London in der EL und der FC Bayern München in der CL. Spanien hat also die Klasse, doch hat die Primera Division auch die Reputation als Nummer ?

Nein! Im Gespräch war in diesem Sommer vor allem die Premier League in England. Dabei ging es vor allem um das Geld und die Auswirkungen auf den Fußball in Europa. Umgerechnet 2,3 Milliarden Euro kassieren die 20 Klubs allein durch die Inlandsvermarktung. Das ist mehr, als Italien (943 Millionen), Spanien (816) und Bundesliga (538) zusammen erlösen! Und das Geld wird mit vollen Händen ausgegeben, für Stars und für neue Trainer, die Ablösesummen steigen auf astronomische Zahlen. Den Vogel schoss bekanntlich Manchester United mit dem neuen Coach Jose Mourinho ab, das Paul Pogba für 105 Millionen Euro von Juventus Turin nach England holte. Nur deshalb konnte sich Juve als Ausgleich Torjäger Gonzalo Higuain für 90 Millionen vom SC Neapel leisten. Nicht allein die Spieler, sondern sogar eher noch die neuen Trainer sorgten aber für die Schlagzeilen. Pep Guardiola suchte nach Bayern München nun bei Manchester City eine neue Herausforderung und Chelsea schnappte sich Italiens Nationaltrainer Antonio Conte. Da bleibt kein Ruhm mehr für Leicesters sensationellen Meistermacher Claudio Ranieri und den „ewigen“ Arsene Wenger bei Arsenal London. Gefühlt also macht das Geld England zur Nummer 1. Gespannt sein darf man, wie sich die Aufrüstung sportlich dann tatsächlich auf Europas Bühne auswirkt.

In Spanien die Klasse und in England das Geld – was hat der Rest zu bieten? Italien und Frankreich sind ins Abseits geraten, gerade mal Juventus Turin und Paris St. Germain (nun ohne Ibrahimovic) können mithalten. Nicht ganz überraschend liegt sogar Portugal vor Frankreich, weil die Spitzenklubs aus Lissabon (Benfica und Sporting) und der FC Porto fast schon traditionell auf der Bühne Europas erfolgreich sind.

Aber an Deutschland kommen sie alle nicht vorbei. Was hat die Bundesliga zu bieten? Sie leidet ein bisschen unter der Dominanz von Bayern München, das unter Carlo Ancelotti jetzt nach einem neuen Rekord mit dem fünften Titel in Folge greift. Andererseits profitiert die Bundesliga von den Bayern, denn sie sorgten mit ihren Erfolgen hauptsächlich dafür, dass Deutschland im internationalen Vergleich so gut dasteht. Die Bayern schafften es auch, international umworbene Spieler zu verpflichten bzw. auch bei hohen Angeboten zu halten. Die Bundesliga hat zudem ein Pfund, mit dem sie wuchern kann: Die modernen Stadien und die gute Stimmung. „Hier macht es Spaß, Fußball zu spielen“, heißt es oft und manche Stars erkennen, dass ja auch in Deutschland genügend Geld verdient wird und zudem der Spaß vielleicht ein bisschen größer ist.

Dennoch herrscht eine gewisse Zukunftsangst in Deutschland. Real Madrid und der FC Barcelona werden mit ihren Geldgebern bei vernünftiger sportlicher Planung auch in der Zukunft England Paroli bieten können, vielleicht schafft das die nächsten Jahre auch Bayern München, aber der Rest der Bundesliga hat Angst vor dem Ausbluten, dem Weggang der besten Spieler. Spaß vor Geld wird nicht immer die Losung sein.

Demnächst hier beim Sport-Grantler die etwas andere Bilanz der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Was muss sich bei Olympia ändern?

Schatten auf der Fußball-Europameisterschaft

 

Es ist seltsam, normalerweise herrscht bei den Fußballfans, nein, eigentlich bei allen Sportfans immer eine große Vorfreude auf Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft, die jetzt vor der Tür steht. Doch diesmal ist es vor dem Turnier in Frankreich anders. Die Ereignisse des Terrors vom 13. November, als in Paris mehrere Bomben hochgingen und es viele Tote zu beklagen gab, wirken nach. Vor der Fußball-EM herrscht doppelte Spannung: Da die sportliche Seite, dort die menschliche, ob es auch wirklich gut geht. Aber nicht nur der Terror wirkt nach, es liegen viele Schatten auf der Fußball-Europameisterschaft.

Rückblende. 1998 war Frankreich Gastgeber der Weltmeisterschaft. Die Hausherren holten sogar den Titel und sorgten für eine noch nie dagewesene Begeisterung im Land. Der WM-Titel war sogar Wegbereiter für einen kurzen wirtschaftlichen Aufschwung. Heute herrscht in Frankreich Stillstand und Unsicherheit. Die Terroristen haben ein Ziel erreicht. Die westliche Welt muss mit der Terror-Angst leben, wenn es auch mutige Stimmen gibt, die betonen, wir dürfen unser Leben nicht kaputt machen lassen. Dürfen wir nicht, nein. Doch die Angst im Inneren bleibt. Das Budget für die Sicherheit wurde verdoppelt, das Sicherheitspersonal ebenfalls. Doch reicht das? „Wir haben das Menschenmögliche getan“, sagt der Sportminister. Was bleibt, ist die Hoffnung.

Frankreich ist in diesen Tagen aber auch gelähmt, gelähmt von Streiks. Diese sollen auch zu Beginn der Europameisterschaft teilweise noch nicht beendet sein, einige Gruppen wollen sie sogar gezielt fortführen. Früher war ein Land stolz, ein Großereignis wie die Europameisterschaft ausrichten zu können, heute dient so eine Mammutveranstaltung als Mittel zum Zweck. Motto: Die Welt schaut auf uns, da können wir unsere Wünsche leichter durchdrücken. Schatten über der Europameisterschaft.

Der Fußball-Weltverband sorgt für einen weiteren Schatten, der Korruptionsskandal ist noch lange nicht vorbei. Wieder Hausdurchsuchungen, wieder neue Anschuldigungen, wieder neue Tatsachen, dass sich wohl einige der hohen Funktionäre persönlich bereichert haben. Ein Turnier als Mittel zum Zweck, um Millionen anzuschaffen, das Amt als Mittel zum Zweck, um sich am Gabentisch zu bedienen. Nur Ex-Präsident Joseph Blatter hat natürlich nichts gewusst und alles richtig gemacht. Es scheint, er lebt in seiner eigenen Welt.

Der sportliche Schatten ist noch der geringste Schatten, der über der Europameisterschaft 2016 liegt. Erstmals sind 24 Nationen am Start, es wird die längste EM aller Zeiten, aber sicherlich nicht die sportlich wertvollste, eher wird sie sportlich verwässert. Immerhin konnten wir sehen, mit wie viel Stolz und Ehrgeiz sich kleine Nationen wie Albanien, Island und Ungarn zum Beispiel auf den Weg nach Frankreich machen. Die Niederlande muss dafür zuschauen. Echte Spannung gibt es bei dem Turnier allerdings erst ab dem Achtelfinale, wenn die K.o.-Runde beginnt, für die sich die jeweils ersten beiden Teams jeder Gruppe sowie die besten vier Dritten aus den sechs Gruppen qualifizieren. Heißt also: Nach der Gruppenphase scheiden gerade mal acht Nationen aus!

Dennoch dürfen wir uns auf die Europameisterschaft freuen. Auf guten Fußball und am Ende natürlich auch auf Spannung. Schließlich gibt es keinen absoluten Favoriten, auch Weltmeister Deutschland nicht. Titelverteidiger ist Spanien, das vor vier Jahren Italien im Endspiel mit 4:0 besiegte. Beide Mannschaften haben wohl ihre besten Jahre hinter sich, können aber noch einmal zuschlagen. Zu dem Kreis der Mitfavoriten zählen aber auch Gastgeber Frankreich, die junge Mannschaft aus Belgien und England. Alle haben ein Handicap gemeinsam: Sie haben Probleme in der Abwehr. Mal sehen, wer zur rechten Zeit in Form ist, das nötige Glück hat, zum Beispiel mit den Schiedsrichter-Entscheidungen.

Die sportliche Neugier ist also trotz aller Bedenken geweckt, hoffen wir, dass am Ende nicht nur für den Sieger die Sonne scheint, sondern das Strahlen über ein gelungenes Turnier alle Schatten vertrieben hat!