Die Fußball-Bundesliga hat Angst vor der Provinz
von knospepeter
Die Fußball-Saison geht in fast allen Ligen in Europa ihrem Ende entgegen. Jetzt geht es ans „Eingemachte“, um Meisterschaft, die Plätze in den europäischen Wettbewerben und gegen den Abstieg. Der vor allem ist bitter, denn es könnte sein, dass ein Verein über Jahre hinaus von der Bildfläche verschwindet. Kein Wunder also, dass die Angst umgeht. In Deutschland geht in der Fußball-Bundesliga allerdings noch eine andere Angst um: Die Angst vor der Provinz.
Die Konstellation ist schon seltsam. Im Oberhaus kämpfen Traditionsvereine wie der VfB Stuttgart und der Hamburger SV um den Klassenerhalt, im Unterhaus schicken sich Nobodys an, eine Etage höher zu klettern. Verliert die Bundesliga also an Bedeutung? Kommt der Zeitpunkt, dass die Vereine mit den großen Namen in der 2. Bundesliga spielen (Kaiserslautern, Nürnberg, 1860 München sind schon da)? Zur Erinnerung: Anfang des Jahres war sogar Borussia Dortmund, der Meister von 2011 und 2012, Tabellenletzter. Alles ist also möglich!
Sollten tatsächlich Stuttgart und Hamburg absteigen, was ja möglich ist, und zum Beispiel Ingolstadt und Darmstadt aufsteigen, dann würde dies zu einem eklatanten Zuschauerschwund führen. Rund 52.000 kommen im Schnitt in Hamburg zu den Spielen, knapp 50.000 sind es in Stuttgart. Ins Stadion am Böllenfalltor in Darmstadt passen gerade mal 16.500 Zuschauer, im Audi-Sportpark in Ingolstadt sind es sogar nur 15.000. Das sind keine Zahlen, mit denen ein Bundesligist protzen kann. Allerdings geht es nicht allein um die Heimspiele, sondern die Mannschaften aus der Provinz hätten bei ihren Gastspielen auch nicht die Zugkraft der Traditionsvereine wie Stuttgart und Hamburg. Provinzstädte mit 130.000 und 150.000 Einwohnern an Stelle von Großstädten. Die Bundesliga fürchtet um ihre Bedeutung.
England, Spanien, Italien, Frankreich als Vorbild
Kein Wunder also, dass sich die Manager Gedanken machen, wie man quasi dem Verfall der Bundesliga Einhalt gebieten kann. Sie vergessen dabei, dass bei den betroffenen Vereinen ganz einfach schlechte Arbeit geleistet wurde, sondern sie denken über ein „Rettungspaket“ nach. Christian Heidel, der Manager von Mainz 05, brachte jetzt wieder eine alte Idee auf den Tisch: In einem Interview regte er an, die Bundesliga von derzeit 18 auf 20 Vereine aufzustocken. Zwei Fliegen könnten mit einer Klappe geschlagen werden: Einerseits die großen Klubs in der Liga halten, andererseits sogar mehr Geld kassieren durch mehr Spiele.
Die Idee der Aufstockung ist nicht neu, wurde in der Vergangenheit allerdings immer wieder verworfen, weil hier auch einfach zu kurz gesprungen wird. Gut, die großen Ligen in Europa spielen mit Ausnahme der Bundesliga alle mit 20 Klubs, so in England, Spanien, Italien und Frankreich. Aber vergessen wird bei diesem Vorschlag, dass genau in diesen Ländern oft über den Stress der vielen Spiele geklagt wird und gerade nach der Weltmeisterschaft beneideten die anderen Nationen Deutschland und forderten für ihre Ligen auch nur 18 Klubs. Um Probleme zu beseitigen, würde man sich nur neue Probleme schaffen.
Der seltsame Trend bei den Aufsteigern
In der Tat ist der Trend bei den Aufsteigern schon seltsam. In den letzten Jahren gastierten Braunschweig und Paderborn im Oberhaus, was die Attraktivität keineswegs steigerte. Klubs mit großen Namen wie der 1. FC Nürnberg verabschiedeten sich dagegen. Ein Gründungsmitglied wie 1860 München befindet sich derzeit eher auf dem Weg in die 3. Liga als ins Oberhaus. Vor solch einem Durchmarsch nach unten haben alle Angst. Darmstadt dagegen könnte den Durchmarsch von unten nach oben schaffen, von der 3. Liga in die Bundesliga.
Besser als alle Verbesserungsvorschläge ist eins: Gute Arbeit in den Vereinen. Der Name allein schützt – wie man sieht – die Traditionsklubs nicht vor Abstürzen. Die Vereine aus der Provinz haben es allerdings schwer, sich auf Dauer im Oberhaus zu etablieren. Meist übersteigt das doch ihre Kräfte. Am Besten wird so ein Gastspiel einfach als Erlebnis gesehen. Die Bundesliga wird es verkraften. Die Angst vor der Provinz bleibt aber.