Traum und Wirklichkeit im deutschen Eishockey

von knospepeter

Im deutschen Eishockey wird wieder einmal geträumt, was natürlich schöner ist als die harte Realität. „Bis 2020 wollen wir den Weg an die Weltspitze finden“, hat der neue Verbandspräsident Franz Reindl vollmundig verkündet. Derzeit muss die Eishockey-Nationalmannschaft aber eher nach unten schauen als nach oben. Nummer 13 in der Weltrangliste, das ist nicht berauschend, früher war man Stammgast unter den besten acht.

Nach unten muss auch der Verband schauen. Sportlich läuft es nicht (Junioren und Damen sind zweitklassig), finanziell pfeift der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) aus dem letzten Loch, die öffentliche Wahrnehmung ist eher bescheiden. Eigentlich verbietet es sich da, von rosigen Zeiten zu träumen. Eher geht es schon ums Überleben. Seltsam ist, dass der DEB-Präsident jetzt ein Ziel ins Auge gefasst hat, dass er in 22 Jahren an verantwortlicher Position, u. a. als Sportdirektor und Generalsekretär, nicht verwirklichen konnte.

Vor kurzem wurden bei der Mitgliederversammlung die Weichen für eine bessere, vor allem aber ruhigere Zukunft gestellt. Die Klubs der Deutschen Eishockey Liga, die sich 1994 abgesondert hatten und schon damals den Verband an den Rand des Ruins gebracht hatten, kehrten in den Schoß des Verbandes zurück. Sie sind willens einen finanziellen Beitrag zur Rettung beizusteuern. Reindl nutzte seinen guten Draht zur DEL um die Wogen zu glätten.

Ein Fragezeichen bleibt allerdings, denn die Landesverbände müssen Macht abgeben und da steht die endgültige Zustimmung noch in den Sternen. Der Kampf um die Macht fällt nur dann aus, wenn auch die Landesverbände nicht den finanziellen Kollaps des Dachverbandes riskieren wollen. Eine gute Zukunft schaut anders aus.

Auch sportlich ist es eigentlich nicht die Zeit, um in Optimismus zu machen. Auch bei der Nationalmannschaft ging es zuletzt nur abwärts. Bei der WM ist der DEB gerade noch erstklassig geblieben, die Olympischen Spiele hat man erstmals verpasst. Bei der anstehenden Weltmeisterschaft in Tschechien vom 2. bis 17. Mai geht es vor allem darum, den Abstieg zu vermeiden und in der Weltrangliste möglichst ein bisschen nach oben zu klettern. Manche träumen auch vom Viertelfinale, doch da müsste Deutschland als Nummer 13 der Welt schon über sich hinauswachsen.

Sorgen vor der Weltmeisterschaft

Seit 2012 wird ja die Eishockey-WM mit 16 Nationen in zwei Gruppen gespielt, die vier besten Teams jeder Gruppe qualifizieren sich für das Viertelfinale. Gegner des DEB-Teams sind Schweden (Nummer 1 der Welt), Kanada (4), Tschechien(5), die Schweiz (7), Lettland (9), Frankreich (12)und Österreich (16). Vier Siege müssen also her, um Vierter zu werden. Und dabei hat Bundestrainer Pat Cortina keineswegs seine beste Mannschaft zur Verfügung. Der umstrittene Italo-Kanadier, der dringend ein Erfolgserlebnis braucht, um seinen Posten zu retten, muss auf viele verletzte Spieler und einige Stars aus der NHL verzichten. Die Vorbereitung war holprig, im Mittelpunkt standen die Play-Offs um die Deutsche Meisterschaft, die Spieler vom Meister Mannheim und Vize Ingolstadt sind müde. Ob da wirklich der erste Schritt in Richtung Weltspitze getan werden kann…

Uwe Krupp für Pat Cortina?

Beobachter glauben, dass die Ablösung von Pat Cortina nach Ablauf seines Vertrages sowieso schon feststeht. Über seiner Arbeit hängt der Schatten von Uwe Krupp, der einst als Bundestrainer Erfolge feierte und als Freund von Präsident Franz Reindl gilt. Allerdings hat Krupp bei den Eisbären Berlin einen Job. Doch was sagt dies schon aus in der heutigen Zeit. Krupp ist auch eine der letzten Galionsfiguren der heutigen Zeit des Eishockeys. Ihn kennt man in der Öffentlichkeit, die jetzigen deutschen Cracks aus der NHL sind einem breiten Publikum nicht geläufig. Es ist unter anderem das Problem des Eishockeys, das es im deutschen Sport eher ein Schattendasein führt. Und auch jetzt wird die Weltmeisterschaft nicht die große Aufmerksamkeit bekommen. Eishockey dann, wenn die Temperaturen steigen? Ist Eishockey wirklich noch eine Wintersportart?

Titelverteidiger in Prag und Ostrava ist übrigens Russland, das zusammen mit Finnland, der USA, Slowakei, Norwegen, Weißrussland, Slowenien und Dänemark die Gruppe B bildet.

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