Das IOC zwischen Angst und Verantwortung

von knospepeter

Mit Spannung war die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Hinblick auf die Vorwürfe des staatlichen Dopings von Russland bei den Winterspielen 2014 in Sotschi erwartet worden. Im Hintergrund glühten die Drähte, um zu ergründen, wie ein salomonisches Urteil aussehen könnte, das die 14-köpfige Exekutive des IOC schließlich auch traf. Das IOC zwischen Angst und Verantwortung, Russland für Doping-Betrügereien sanktionieren, aber dennoch nicht gänzlich auf den Fuß steigen. Der Kompromiss, dass Russland als Mannschaft ausgeschlossen wird, einzelne russische Athleten aber starten dürfen, wenn sie den Nachweis erbringen, dass sie unbelastet sind, sieht nach einem Kuhhandel im Hintergrund zwischen IOC-Präsident Dr. Thomas Bach und Russlands Präsident Wladimir Putin aus.

Die Beweise für das staatliche Doping unter Einbeziehung des Geheimdienstes müssen erdrückend sein, sonst hätte Russland die Suspendierung nicht angenommen. Das Donnerwetter aus Moskau war pflichtgemäß inszeniert, Putin sorgte dafür, dass die unangenehmen Schlagzeilen national in den Hintergrund gedrängt wurden, weil er punktgenau seine erneute Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen kundtat. Am Ende konnte sich IOC-Präsident Bach für die konsequente Haltung des IOC feiern lassen, während man in Russland wohl zur Tagesordnung übergehen wird, nach dem Motto „alles nicht so schlimm“, machen wir weiter, wir dürfen uns nur nicht mehr erwischen lassen. Zum Glück gibt es aber immer wieder Leute, wie den früheren Leiter des Moskauer Anti-Dopinglabors, Rodschenkow, die des Betrugs überdrüssig sind und an die Öffentlichkeit gehen. Das IOC und alle Verbände sind dazu aufgefordert, dafür zu sorgen, dass russische Sportler strengen unabhängigen Kontrollen unterliegen. Eine Medaillenflut wie in Sotschi, als Russland die Nationenwertung zunächst offiziell gewann, wird es dann nicht mehr geben. 25 russische Sportler wurden nachträglich gesperrt, elf Medaillen, darunter vier Goldene, aberkannt. Das Ende wird es noch nicht sein.

Gespannt sein darf man, wie die Klagen der russischen Sportler beim Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne enden. 22 wurden wegen Dopings lebenslang gesperrt. Im schlimmsten Falle könnte es sein, dass der Ausschluss Russlands noch einmal ins Wanken gerät, wenn die Beweislast doch nicht hieb- und stichfest ist. Allerdings hätte dann wohl Russland die Sanktionen nicht akzeptiert.

Im Zuge des IOC-Urteils gerät auch der Fußball-Weltverband FIFA und sein Präsident Gianni Infantino immer mehr unter Druck. Russlands Sportminister und Vize-Premier Witali Mutko wurde als Drahtzieher des Staats-Dopings vom IOC lebenslang gesperrt, gleichzeitig lobt aber Infantino die Arbeit Mutkos als Cheforganisator der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Hier hat die FIFA mehr Angst als Verantwortung, denn sonst müsste sie schon lange den Vorwürfen des Dopings in Russlands Fußball nachgehen. Die Nationalmannschaft des Gastgeberlandes 2018 ist schon lange ziemlich erfolglos, soll aber 2018 für Furore sorgen. Mit Unterstützung vielleicht wie die russischen Olympia-Sportler 2014…

Infantino hat Angst vor einer Weltmeisterschaft ohne den Gastgeber und sieht sich nicht in der Verantwortung, den Doping-Anschuldigungen nachzugehen. Dagegen lobt er den Ausrichter, freut sich auf die „beste Weltmeisterschaft aller Zeiten“ und gibt sich damit selbst und die FIFA der Lächerlichkeit preis. Er hofft wohl darauf, dass die Zeit Wunden heilt. Schließlich hat das IOC Putins Reich auch ein Hintertürchen offen gehalten: Bei der Siegerehrung wird bei einem russischer Sportler, der unter neutraler Flagge antritt, genannt, dass er aus Russland kommt. Und bleiben alle brav und sauber, dann wird bei der Olympia-Schlussfeier in Pyongchang in Südkorea doch wieder die russische Fahne wehen. Alles vorbei, alles wieder gut. Infantino setzt darauf, dass bei der Fußball-WM das Doping-Theater nur noch Vergangenheit ist. Er verschließt die Augen und will ein fröhliches Fest feiern. Viel Spaß 2018.

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