Olympia wird keine Werbung für das Eishockey
von knospepeter
Die kalte Jahreszeit hat begonnen und so nimmt auch der Wintersport Fahrt auf. Für den Spitzensport wird es wieder eine besondere Saison, denn die Olympischen Spiele im Februar in Pyeongchang (Südkorea) stehen bevor. Allgemein herrscht bei Sportlern und Fans eine gewisse Vorfreude auf so ein Großereignis, doch diesmal ist die Vorfreude gedämpft.
Da ist einmal der Austragungsort. Pyeongchang liegt nur rund 100 km von der Grenze zum kriegslüsternen Nordkorea entfernt, die Wintersportbegeisterung in Südkorea hält sich zudem in Grenzen. Außerdem denken viele mit Schrecken daran, dass die Zeit der Asien-Spiele beginnt, denn 2020 ist Tokio Gastgeber bei den Sommerspielen, 2022 erwartet Peking wiederum die Wintersportler. Vielleicht mit Smog statt Schnee.
Besonders skeptisch schaut man in Eishockeykreisen auf die kommenden Winterspiele. Eigentlich ist das Eishockey-Turnier das Herzstück von Winter-Olympia, doch diesmal herrscht Unsicherheit und es sieht danach aus, als sollte die Spiele keine Werbeplattform für das Eishockey werden. Das hat seinen Grund in der Absage der National Hockey League (NHL), der Profiliga in Nordamerika, die ihre Stars erstmals seit 1998 nicht freistellen wird. Die eigene Punktrunde geht vor, die Angst vor Verletzungen des teuren Kapitals Spieler ist zu groß. Die Absage erfolgte ausgerechnet in dem Jahr, in dem die NHL (am 22. November 2017) ihr 100jähriges Bestehen feiert. Damit wird Olympia im Eishockey nur noch ein zweitklassiges Turnier.
Und dies ist nicht der einzige Eisblock, der den Verbänden vor die Füße geworfen wird, jetzt droht auch noch das Pendant zur NHL, die osteuropäische Profiliga KHL mit einem Boykott der Spiele, allerdings aus einem anderen Grund. Die von Russland dominierte Liga mokiert sich, dass Russland an den Doping-Pranger gestellt wird und will ihre Spieler nicht freistellen, wenn das IOC Russland wegen der Doping-Affären ausschließen sollte. Dies würde das Eishockey-Turnier besonders treffen. Vor allem die deutschen Gruppengegner Finnland und Schweden würden darunter leiden und würden von Medaillenkandidaten zu Außenseitern werden.
In Deutschland haben sich die Eishockey-Fans, vor allem aber Funktionäre, Vereine und Spieler auf Olympia gefreut, weil sie Entzugserscheinungen hatten. Bekanntlich hatte Deutschland die Qualifikation für 2014 in Sotschi nicht geschafft. Das war damals das Ende für Bundestrainer Pat Cortina und gleichzeitig der Start in eine hoffnungsvollere Zukunft, als 2015 der Landshuter Marco Sturm kam. Der 39-jährige ehemalige NHL-Profi, vom Typ Sonnenschein mit einem Dauerlächeln im Gesicht, hauchte dem deutschen Eishockey neues Leben ein. Einige im Verband träumten sogar davon, dass Deutschland bei Olympia angesichts des Aufschwungs und des Fehlens der NHL-Profis eine Chance auf eine Medaille haben könnte. Doch diese Euphorie ist vorbei, sie war auch nicht angebracht.
Der Deutschland-Cup, der einzige Test vor Olympia, sorgte für Ernüchterung. Deutschland unterlag Russland deutlich mit 2:8 und der Slowakei mit 0:3 und schaffte mit einem 5:1-Sieg gegen schwache amerikanische College-Boys gerade noch Rang drei. Die bittere Erkenntnis: Ohne NHL-Verstärkung fehlt dem DEB-Team das Rückgrat. Immerhin sieben NHL-Profis stünden zur Debatte, darunter der neue Star Leon Draisaitl (Edmonton) und Stanley-Cup-Sieger Tom Kühnhackl (Pittsburgh). Vermisst werden aber vor allem die Torhüter Thomas Greiss (New York Islanders) und Philipp Grubauer (Washington). Bedenklich, dass eine Erkenntnis aus dem Vergleich mit Russland (das nur eine zweite Auswahl schickte und dennoch Turniersieger wurde) lautete: Dem Tempo nicht gewachsen. Deutschland wird also Außenseiter bleiben und ein Überstehen der Gruppenspiele wäre eine Überraschung, es sei denn die Kräfteverhältnisse verschieben sich durch politische Einflüsse eklatant.
Statt Vorfreude also Sorgen, statt Rückenwind für eine Sportart, die nach mehr Anerkennung lechzt, eher Gegenwind. Deutschland kann nichts dafür, aber wieder einmal wird eine Chance verpasst, Olympia wird keine Werbung für das Eishockey.