Der Trend ist nicht immer Dein Freund

von knospepeter

Gemeinhin heißt es immer, „der Trend ist Dein Freund“. Doch in der Fußball-Bundesliga trifft das nur bedingt zu. „Der Trend stimmt“, ist allerdings bei Augsburgs Trainer Martin Schmidt fast zum Modewort geworden, seit Wochen erzählt er davon, dass der Trend stimmt, auch nach der Niederlage gegen Schalke am 10. Spieltag. Zwei Siege folgten und jetzt das 1:1 in Köln, das nach einem verschossenen Elfmeter eher eine Niederlage für den FCA im Abstiegskampf war. Aber der Trainer bleibt positiv: „Der Trend stimmt.“ Platz 12 kann aber trügerisch, gegen Mainz gibt es am Samstag wieder ein wichtiges Spiel im Kampf um den Klassenerhalt. Da sollte der Trend also ein FCA-Freund sein.

Bayern-Trainer Hansi Flick wird dem Schweizer nicht zustimmen, auch wenn ein Trend bei den Bayern auch offensichtlich wird. Der Trend nämlich, dass die Bayern gegen schnelle Stürmer der Gegner ihre Schwierigkeiten haben. Leverkusens Leon Bailey war das personifizierte Unheil für die Münchner Abwehr, Javi Martinez wird er im Traum als Ungeheuer erschienen sein. Der Spanier war einfach zu langsam. Die Bayern versiebten ihrerseits hochkarätige Chancen, scheiterten am überragenden Torhüter Hradecky bzw. an Pfosten und Latte. Und da zeigt sich, dass der Trend nicht immer Dein Freund ist, in dem Fall nämlich würden die Bayern auf den Trend gern verzichten, dass sie von allen Vereinen am meisten das Aluminium treffen.

Aber wie können sie dem Trend der Kontertore entgehen? Die Lösung muss bis zum Samstag gefunden sein, da geht es zur Borussia in Gladbach. Eigentlich wollten die Bayern dort mit einem Sieg die Tabellenführung übernehmen, der Plan geht bekanntlich bei wieder vier Punkten Rückstand nicht mehr auf. Jetzt geht es zunächst darum, den Abstand zu verkürzen. Doch die schnellen Stürmer Thuram, Plea, Embolo und Herrmann können Gift für die Bayern-Abwehr sein. Hält der Trend an, ist er kein Freund der Bayern, eher einer von Gladbach, deren Trend heißt „Tabellenführer“. Wie lange bleibt das so? Bis zum Saisonende, siehe Kaiserslautern 1998?

Offen ist noch, wie ein anderer Trend zu beurteilen ist. Der Trend bei den Bayern geht dahin, dass Hansi Flick über die Winterpause hinaus bis zum Sommer Trainer bleibt. Sicher ist dies allerdings nicht, auch wenn voreilige Medien schon melden „Flick bleibt bis Sommer“. Boss Rummenigge hat nur eine bekannte Tatsache bestätigt, dass man in der Winterpause reden will und der spielerische Trend in der Mannschaft stimme. Doch wenn die Tore nicht fallen, ist der Trend nicht Dein Freund. Und wenn die Bayern auch in Gladbach Federn lassen, haben wir plötzlich einen ganz anderen Trend… Allerdings hat Hansi Flick einen gewichtigen Fürsprecher. Trainer-Ikone Jupp Heynckes plädiert für eine Weiterpflichtung des einstigen Löw-Assistenten und meint im kicker: „Der FC Bayern kann mit ihm eine Epoche prägen.“ Das wäre mal ein Trend…

Den Bundesliga-Fans gefällt allerdings der Trend, dass es in der Liga spannend bleibt, nämlich in allen Bereichen, ob oben, in der Mitte (sprich Europa) und unten. Gladbach vor Leipzig und Schalke, die Bayern nur Vierter und Dortmund nur Fünfter, die Tabelle werden sich manche einrahmen. Schlusslicht Paderborn ist das Gegenbeispiel, es freut sich nicht über den Trend, dass trotz guter Spiele die Punkte fehlen. Der Trend ist also nicht der Freund des Aufsteigers. Auch Jürgen Klinsmann, der Überraschungsmann auf dem Trainerstuhl bei Hertha BSC, sieht den Trend nicht als seinen Freund an. Der Trend bei einem Trainerwechsel ist doch, dass eine Wende eintritt. Pech, Dortmunds Trend, unter Lucien Favre nicht gewinnen zu können, hielt nicht an.

Bundestrainer Joachim Löw wird übrigens bestätigen, dass der Trend ein Freund sein kann, wenn das Schicksal allerdings den Trend beendet, sieht es düster aus. So bei der Auslosung zur Europameisterschaft 2020. Bisher galt, dass das DFB-Team sich über Glückslose freuen kann, zumindest vorher, denn bei der WM 2018 war man dann trotzdem nicht glücklich. Der Trend ist vorbei. Vielleicht muss Löw deshalb gelassen auf die Gruppengegner Frankreich und Portugal reagieren (in einer Karikatur heißt es „Mexiko, Schweden und Südkorea waren schwerer“), aber der Weltmeister von 2014, der von 2018 und der Europameister von 2016 in einer Gruppe, das ist ja wirklich der Hammer und deshalb spricht jeder berechtigt von einer „Hammergruppe“. Der EM-Modus ist allerdings so großzügig, dass sogar der Gruppendritte eine Runde weiter kommen kann. Aber was soll erst der vierte Teilnehmer in dieser Gruppe sagen, der erst im März in den Play Offs der Nations League gesucht wird?

Der Trend im Fußball geht scheinbar auch hin zu Super-Torschützen. Robert Lewandowski beeindruckte in Belgrad mit vier Toren beim 6:0-Sieg der Bayern. Doch das war noch gar nichts, einen Rekord erzielte wohl Vivianne Miedema. Die Torjägerin aus der Niederlande, die 2017 von den Bayern zu Arsenal London wechselte und den Bayern-Mädchen arg fehlt, erzielte beim 11:1-Sieg von Arsenal gegen Bristol gleich sechs Tore und gab zu vier weiteren die Vorlage! In der Women’s Super League in England geben übrigens die Spitzenklubs Manchester City, Arsenal und Chelsea London den Ton an. In der Frauen-Bundesliga dominieren auch Bundesligisten, die Frauen des VfL Wolfsburg wurden ungeschlagen Herbstmeister (nur ein Punktverlust beim 1:1 gegen Bayern), liegen aber nur drei Punkte vor dem Überraschungsteam aus Hoffenheim (28) und den Bayern-Mädchen (25), die entscheidenden Boden durch eine Niederlage gegen Hoffenheim verloren. Es fehlt also auch bei den Frauen nicht an Spannung, allerdings fehlt es weiterhin an Zuschauern.

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