Olympia in Rio: Jetzt geht es nur noch um die Medaillen
von knospepeter
Von wegen „dabei sein ist alles“ – „gewinnen ist alles“. Wenn am Freitag die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro beginnen, geht es nur noch um die Medaillen. Es soll Leute geben, die sagen, sie schauen nicht auf den Gewinn der Medaillen, dabei ist der Medaillenspiegel das A & O, sogar für Regierungen. Warum wohl haben sich die Russen (früher der gesamte Ostblock) zu Staatsdoping hinreißen lassen? Der Sport als Beispiel für die Klasse des Systems, für die Stärke der Regierung. Und so vergessen wir mal Chaos, Korruption, Doping, Pleiten und sonstiges, was uns die Vorfreude auf Rio vermiest hat, jetzt geht es nur noch um die Medaillen. Allerdings sagen Kritiker zu Recht, dass die Jagd nach Medaillen Wegbereiter für das Doping ist. Jeder will mit aller Macht gewinnen. 306 Goldmedaillen werden vergeben, rund 10500 Athleten aus 206 Ländern sind am Start.
Ein Blick zurück auf London 2012. Wer weiß noch, welche Nation den Medaillenspiegel anführte. Gut, es gibt nicht viele Kandidaten, natürlich die USA war es. Insgesamt 103 Medaillen sammelten die Amerikaner ein (46 Gold, 28 Silber, 29 Bronze) und sie werden wohl auch in Brasilien vorne stehen. Die Rangfolge dahinter könnte sich verändern, denn Großbritannien (65 Medaillen) war hinter China (88) die Nummer drei, weil das Land ungeheure Anstrengungen unternommen hat, um als Gastgeber auch sportlich glänzen zu können. Ob diese verstärkte Förderung für den Leistungssport von Dauer war, wird sich jetzt 2016 zeigen. Erst dahinter war Russland (82) trotz Staatsdoping platziert und wird jetzt wohl weiter zurückfallen. Hinter Südkorea (28) konnten wir uns für Deutschland über 44 Medaillen freuen. Südkorea gewann 13 Goldene und war deshalb vor Deutschland (11 Gold, 19 Silber, 14 Bronze) platziert. Eine ähnliche Ausbeute hoffen die deutschen Funktionäre wieder für ihr Team, allerdings heißt es hier „es darf auch ein bisschen mehr sein“.
Olympische Spiele sind durch ihren Gigantismus in Verruf gekommen, aber sie sind für die Sportler immer noch das Nonplusultra. Eine Medaille bei Olympia bleibt etwas Besonderes und ist einer Welt- oder Kontinentalmeisterschaft nicht zu vergleichen. Deshalb ist in aller Welt auch die Aufmerksamkeit für Olympia entsprechend größer, Siege sind fast schon ein nationales Ereignis. Und Sportarten, die jeweils vier Jahre lang mehr oder weniger ein Schattendasein führen, geraten bei Olympia plötzlich in den Blickpunkt. Das ist der Segen der Olympischen Spiele.
Wir werden sehen, ob die Spiele auch für Brasilien ein Segen sind und inwiefern die Gastgeber auch einen Sprung nach vorne im Medaillenspiegel machen können. Platz 22 war es in London mit 17 Medaillen (3 – 5 – 9), auch da darf es ein bisschen mehr sein, aber im Sportverband ist man eher zurückhaltend, Brasilien hat nicht viele Spitzenathleten. Jeder Sieg könnte aber auch die Lebensfreude im Land steigern. Die größte Freude wäre wohl der Gewinn der Goldmedaille im Fußball. Das würde Neymar und Co. fast unsterblich machen. Die Chancen sind da, auch bei den Frauen. Die Fußballturniere dürften deshalb im Mittelpunkt stehen.
Bei den Deutschen ist es verschieden, die Männer träumen von einer Medaille, die Frauen haben sogar Gold ins Visier genommen, auch das wäre ein Novum. Die Fußballteams haben das Pech, dass sie die Olympischen Spiele nur am Rande erleben, denn nur wer ins Halbfinale einzieht, zieht auch ins Olympische Dorf in Rio ein. Dies wird als Ziel ausgegeben: Wir wollen ins Olympische Dorf. Olympia wird im Fußball aber auch Stress pur, nur ein kleines Aufgebot von 18 Spielerinnen oder Spielern wurde genehmigt, dennoch muss alle drei Tage (und zusätzlich reisen) angetreten werden. Olympia ist kein Spaß.
Spaß haben will dagegen Golfer Martin Kaymer. Er will das Olympische Dorf genießen und hat im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen keine Angst vor Zika, Terror oder Räubern. Die besten vier Golfer der Weltrangliste haben abgesagt. Golf ist erstmals seit 112 Jahren wieder dabei, doch die Stars haben für ihre Sportart eher eine Anti-Werbung bestritten. Golf in Deutschland würde dagegen durch eine Medaille von Kaymer, Alex Cejka oder den Frauen Caro Masson und Sandra Gal profitieren. Chancen haben sie. Aber in anderen Sportarten gibt es größere Medaillenkandidaten. Die Schützen schießen sich bei Olympia in die Herzen der Zuschauer, Fechter, Reiter, Leichtathleten, Schwimmer, Ruderer oder Kanuten sind immer für vordere Plätze gut. Sie wollen in Form sein, denn jetzt geht eben nur noch um die Medaillen.